Kein Land in Sicht!

The last mile. Der Wunsch nach „same-day-“ oder sogar „two-hour-delivery“ bringt Dienstleister zwingend näher zum Kunden und wird daher die Ansprüche an Logistikimmobilien speziell in Wien erhöhen.

von 0 Minuten Lesezeit

The last mile. Der Wunsch nach „same-day-“ oder sogar „two-hour-delivery“ bringt Dienstleister zwingend näher zum Kunden und wird daher die Ansprüche an Logistikimmobilien speziell in Wien erhöhen.

Onlinehandel, geänderte Konsumgewohnheiten und Bevölkerungswachstum: Wien steht im Bereich Logistik künftig vor großen Herausforderungen. Vor allem E-Commerce und Onlinehandel verändern zunehmend die Bedürfnisse von Wirtschaft und Konsumenten. Der Wunsch nach „same-day-“ oder sogar „two-hour-delivery“ bringt Dienstleister zwingend näher zum Kunden und wird daher die Ansprüche an Logistikimmobilien speziell in Wien erhöhen, so der aktuelle Logistik- und Industriemarktbericht von Otto Immobilien. Doch das ist nicht ausschließlich ein Wiener Problem. Das Problem in Österreich liegt nicht an der Nachfrage der Unternehmen oder an der Rendite, sondern daran, dass es nicht genügend Flächen gibt und die bestehenden Gebäude veraltet sind und somit den Anforderungen der Unternehmen nicht mehr gerecht werden können. Investitionen in Logistik dürften sich also rechnen.

Eine im Frühling von CBRE publizierte Studie zeigt, dass bereits 23 Prozent der Millennials mehr als 50 Prozent ihrer Einkäufe online erledigen. Der „Last Mile / City Logistics“ Report von CBRE sagt voraus, dass sich diese Entwicklung des Konsumentenverhaltens mit zunehmender Internetgeschwindigkeit und technologischem Fortschritt weltweit etablieren und verstärken wird. Die Nachfrage nach sofortigen Lieferdiensten steigt in den Städten weltweit und hat den Bedarf nach Optimierungen der Lieferketten deutlich erhöht. Um dieser Nachfrage nach immer kürzeren Lieferzeiten zu entsprechen, wurden innovative Logistikstrategien für die letzte Meile entwickelt, beispielsweise mehrstöckige Logistikzentren in verdichteten urbanen Zentren der Regionen APAC und EMEA, neue Typen von Logistikimmobilien in Citynähe und in Citylage sowie Schließfächer, an denen Lieferungen abgeholt werden können, und neue Servicestationen, die in verbleibenden kleinen Baulücken in den Regionen APAC und EMEA entstehen. Durch diese Zusatznachfrage wird das knappe Flächenangebot in den Metropolregionen weiter verschärft. „Vor diesem Hintergrund beobachten wir eine zunehmende ‚re-logistification‘ in Form von Nachnutzungskonzepten zentral gelegener Einzelhandels- oder Bürogebäude“, sagt Patrick Schild, Head of Office and Industrial & Logistics bei CBRE Österreich. „Darüber hinaus spielen innerstädtische Einzelhandelsgeschäfte auch zunehmend im Lieferprozess eine wichtige Rolle, indem sie als ‚kleine Warenhäuser‘ dienen, sodass auch von dort aus Zulieferung und Retoure bearbeitet werden können.“

Die Nachfrage nach geeigneten Objekten ist da. Doch die Flächen werden immer weniger – denn die Wohnbauträger schlagen nunmehr auch bei noch auf Gewerbe gewidmeten Flächen zu.

Die gewerblichen Grundstückspreise in Wien liegen demnach abhängig von Lage und Größe derzeit zwischen 200 Euro und 350 Euro pro Quadratmeter. Durch die verstärkte Nachfrage nach Wohnraum ist künftig mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. „Wohnbauträger kaufen derzeit auch gewerblich gewidmete Grundstücke in der Erwartung einer Umwidmung auf Wohnnutzung“, berichtet Alexander Fenzl, Prokurist und Leiter des gewerblichen Maklerteams. Speziell innerstädtisch seien daher neue Konzepte gefragt, so etwa die Umnutzung von leerstehenden Erdgeschoß-Geschäftsflächen oder nicht mehr zeitgemäßen Bürogebäuden. Die Renditen am Standort Wien sind gleichzeitig deutlich gesunken und befinden sich derzeit bei einem Wert von unter 5,75 Prozent. Obwohl Logistikinvestments traditionell nur einen geringen Anteil am Gesamtmarkt ausmachen, sind vor allem internationale institutionelle Investoren aktuell an modernen und nahezu vollvermieteten Objekten in guten Lagen, aber auch an Light-Industrial-Immobilien zur Endkonfektionierung interessiert.

Süden weiter gefragt, Norden Wiens holt auf

Die attraktivsten Lagen für Industrie- und Logistikimmobilien in Wien sind weiterhin der Süden, der Südosten sowie das Umland. Rund 70 Prozent der lokalen Flächennachfrage konzentriert sich auf dieses Gebiet. Das Gebiet besticht durch seine Verkehrsanbindung direkt am Schnittpunkt der Autobahnen nach Westen, Süden, Osten sowie den Norden Europas. Allerdings holt der Norden der Bundeshauptstadt – etwa rund um Hagenbrunn – derzeit deutlich auf.

Moderne Logistikflächen bis 5.000 m² gesucht

Die größte Nachfrage gibt es weiterhin bei modernen Logistik- und Industrieflächen bis 5.000 Quadratmeter. Allerdings kann das bestehende hohe Angebot an älteren und nicht zeitgemäßen Bestandsobjekten den Bedarf oft nicht decken. Durchschnittlich nachgefragt werden Hallenflächen von 1.500 Quadratmetern bis 3.000 Quadratmetern – wenngleich auch hier die Tendenz leicht steigt. Aufgrund der geänderten Kundenbedürfnisse wollen viele Logistik-Dienstleister noch näher am Verbraucher sein und suchen derzeit Objekte in zentraler bzw. zentrumsnaher Lage, was freilich am entsprechenden Angebot scheitert. Bei den zu erzielenden Mieten hat Wien noch Luft nach oben. Die Nettomieten bewegen sich abhängig von Lage, Qualität und Ausstattung in einer relativ großen Bandbreite zwischen 2,50 und 6,00 Euro pro Quadratmeter und Monat. Zum Vergleich: Im europäischen Durchschnitt werden 7,30 Euro pro Quadratmeter und Monat bezahlt.

In Enzersdorf an der Fischa im Bezirk Bruck/Leitha entsteht zurzeit der größte Logistikpark Österreichs. Mit einem Investitionsvolumen von rund 150 Millionen Euro errichtet dort die DLH Real Estate Austria GmbH – ein Ableger der auf die Entwicklung und Umsetzung von Logistikimmobilien spezialisierten Zech Group aus Bremen – den „Industrial Campus Vienna East“. Auf einem Gelände, das mehr als 30 Hektar umfasst, baut DLH Hallenflächen mit einem Gesamtausmaß von 160.000 Quadratmetern sowie Büros mit 10.000 Quadratmetern. Das Großprojekt soll bis Ende 2021 vollständig verwirklicht sein. 800 bis 900 neue Arbeitsplätze wird der „Industrial Campus Vienna East“ schaffen.

„In den letzten Jahren ist in Wien kaum in moderne Logistikanlagen investiert worden“, stellt DLH-Geschäftsführer Mario Sander fest. Daher gebe es einen Engpass bei hochwertigen Gebäuden mit mehr als 5.000 Quadratmetern Lagerfläche. Einmal fertiggestellt, werde der „Industrial Campus Vienna East“ mit seiner exzellenten Verkehrsanbindung in unmittelbarer Nähe des Flughafens Schwechat punkten können, meint Sander: „Über die Ostautobahn A4 ist eine Lieferung in das Wiener Stadtzentrum in rund 30 Minuten möglich. Und in zwei Stunden Fahrtzeit erreicht man Ballungsräume um die Städte Linz, Wels, Graz, Brünn, Bratislava und Györ.

Heute im „Industrial Campus Vienna East“ bereits eingemietet ist die Cargo Terminal Logistics GmbH, die mit 25 Beschäftigten lagerlogistische Dienste für Dritte leistet. Weitere Kunden hat Immobilienentwickler DLH schon an der Angel: Im Oktober eröffnet die zum Bertelsmann-Konzern gehörende Arvato Logistics Services GmbH auf dem Areal einen Gebäudekomplex, der aus einer 4.940 Quadratmeter großen Logistikhalle sowie aus 850 Quadratmetern Büro- und Sozialräumen besteht. Zum Jahreswechsel folgt dann ein Logistikstandort der Baumarktkette Hornbach mit 5.600 Quadratmetern Hallen- und 350 Quadratmetern Bürofläche. Er wird von Enzersdorf an der Fischa den Großraum Wien-Bratislava versorgen.