„Keine Blase, nur zu wenig Angebot!“

Überregulierung.  Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren (VII), sieht in Österreich keine Immobilienblase, sondern zu wenig Angebot. Schuld sei die Überregulierung des Immobilienmarktes.

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Überregulierung.  Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren (VII), sieht in Österreich keine Immobilienblase, sondern zu wenig Angebot. Schuld sei die Überregulierung des Immobilienmarktes.

Die alte Regierung hat nicht mehr viel auf Schiene gebracht. Auch aus dem „leistbaren Wohnen“ wurde nichts mehr?

Wolfgang Louzek: Die Frage ist: leistbar für wen? Reglementieren wir die Preise so runter und setzen wir die Auflagen so hinauf, dass der Private seine Immobilien inzwischen lieber leer stehen lässt, als dass er sie vermietet? Damit ist Wohnungssuchenden auch nicht geholfen.

Sie hoffen wieder einmal auf eine Mietrechtsreform?

Das Beste wäre, dass Mietrechtsgesetz einfach in die Tonne zu schmeißen. Das tat etwa Spaniens Regierung. Damit hat Mariano Rajoy von heute auf morgen viele Mietwohnungen auf den Markt gebracht. Doch wir leben in Österreich. Realistisch ist die Politik der kleinen Reformen.

An welchen Schrauben sollte die neue Regierung drehen, damit wieder in Wohnraum investiert wird?

Da gibt es genau zwei: regulatorische und steuerliche Anreize. Warum führen wir nicht wieder den Investitionsfreibetrag ein, den wir bis 2000 hatten und machen erneut die vorzeitige Abschreibung für die Gebäudeherstellung auf fünf bis zehn Jahre möglich?

Das kostet Steuergeld.

Andererseits schafft es viele Arbeitsplätze! Mit Sicherheit keinen Euro kosten jedenfalls regulatorische Anreize. Stichwort ,Heraussanieren´. Wenn du investierst, dann kommst du aus Regeln des Mietrechts raus, aus dem Richtwertsystem für Althäuser vor 1945 oder auch für Immobilien, die zwischen 1945 und 1953 errichtet wurden. Durch eine Generalsanierung sollte man den Mietzins auf ein angemessenes Niveau heranführen können. Es kann doch nicht sein, dass Hausbesitzer heute sehr viel Geld in die Hand nehmen müssen, um ihre Altmieter auszukaufen. Dass sie das Haus schlussendlich parifizieren und die Wohnungen verkaufen oder sogar leer stehen lassen, statt sie zu vermieten. Das führt nur zur weiterer Verknappung. Ich spreche hier nicht denjenigen das Wort, die devastierte Wohnungen zu Wuchermieten vermieten, sondern jenen, die die Wohnungen in einen ordentlichen Zustand bringen. Das muss sich doch auszahlen!

Betroffen wären natürlich nur Neuvermietungen ab einem Stichtag X, nicht aufrechte Mietverhältnisse.

Aus sozialen Aspekten macht es durchaus Sinn, Mietpreise zu deckeln. 

So funktioniert Marktwirtschaft nicht! Wenn sie den Brotpreis für eine Sorte regeln, dann werden 1000 andere Sorten vom Markt angeboten. Und ganz ohne Privatinvestoren wird die öffentliche Hand den Wohnbedarf nicht stemmen können.

Aber Private investieren doch ohnehin nicht in den sozialen Wohnbau. 

Sicher nicht ohne besondere Investitionsanreize. Ein Geschäftsführer einer Immo-AG würde ja missbräuchlich handeln, wenn er nicht marktkonform vermieten würde. Ich weiß auch nicht, ob unbedingt Private den sozialen Wohnbau finanzieren sollten. Wichtiger wäre, dass gefördertes Wohnen nur denen zugutekommt, die es auch nötig haben. Es gibt Studien, wonach gerade einmal 20 bis 25 Prozent, die in Gemeindebauten in Wien wohnen, auch sozial bedürftig sind.  Bei einer Verdienstgrenze von 3.228 Euro netto im Monat, für eine Familie von 4.200 Euro, hat in Wien ja praktisch jeder Anspruch auf eine Gemeindewohnung. Und geprüft wird das Einkommen nur beim Einzug, dann nicht mehr. Die Wohnung kann der nächsten Generation weitergegeben werden, ohne dass die Einkommens- oder Vermögenssituation neu erhoben wird und Bedarf besteht. Es kann doch auch nicht sein, dass über 65 Gemeindewohnungen auf willhaben.at angeboten werden!

Also jährliche Einkommensnachweise?

Das wäre viel zu aufwendig und zu bürokratisch. Warum kann man die Mieten im Gemeindebau nicht mit dem freien Markt mitsteigen lassen. Und wer sich das nicht leisten kann, kann hierfür den Nachweis erbringen und die Miete herabsetzen lassen. Mit den zusätzlichen Mieteinnahmen ließe sich auch mehr sozialer Wohnraum schaffen.

Das erhöht noch nicht das Angebot am freien Markt! 

Hier halte ich in Ballungsräumen mehr von Wohnraumverdichtung als von Umwidmungen am Stadtrand.  Man sollte es ermöglichen, ein bis zwei Etagen speziell in den Randbezirken aufzustocken. Da braucht es keine extra Infrastruktur, keine neuen Straßen und Straßenlaternen und auch keinen aufwendigen neuen Kanalbau. Auch sollte man die Regulierungen kippen, die eine effizientere Nutzung von Wohnraum verhindern.

An was denken Sie genau? 

Nehmen wir an, Sie haben in einem Altbau eine grundsanierte Wohnung, die aufgrund ihrer Größe von 150 Quadratmetern aus dem Richtwertsystem fällt. Jetzt sind aber am Markt günstigere kleinere Wohnungen gefragt. Teile ich dieses Objekt in zwei Wohnungen mit 75 Quadratmetern, darf ich sie nicht mehr zu einem marktüblichen Mietzins vermieten, sondern es gelten die Richtwerte. Was werde ich wohl tun? Ich werde sie nicht aufteilen. Alles was einmal aus der Regulierung draußen war, soll draußen bleiben.

Ok, das wäre nun mal eine Lösung für die großen Wohnungen.

Auch für Kleinwohnungen gibt es kontraproduktive Regeln. Alle fordern Smart-Wohnungen, also hochwertigen Wohnraum zu minimalen Preisen durch maximale Nutzung jedes Quadratmeters. Anderseits gibt es noch völlig unzeitgemäße Grundrissvorschriften. Ein Beispiel: Eine Wohnung hat nur 29,5 statt 30 Quadratmeter. Schon darf man sie nicht mehr frei vermieten. Es gilt dann der Kategorieabschlag. Es muss etwa einen abgeschlossenen Vorraum geben, da bleibt bei 30 Quadratmetern maximal noch ein besseres Wohn-Klo. Ein anderes Beispiel waren die Vorschriften für Behindertengerechtigkeit. Nicht, dass Sie mich missverstehen. Ich finde es grundsätzlich richtig, dass man beim Neubau auch die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung berücksichtigt. Aber da hat der Gesetzgeber zumindestens erkannt, dass es doch ausreicht, dass z.B. ein WC gegebenenfalls adaptierfähig ist, und eine diesbezügliche Novelle beschlossen.

Wird die Kategorie-Einstufung tatsächlich so streng gehandhabt? 

Darauf kann sich kein Vermieter mehr verlassen, schon gar kein Privateigentümer. Ich kenne im Bekanntenkreis jemanden, der eine Wohnung in bester Lage topsaniert an ein Akademikerpaar vermietet hat. Nach drei Jahren, als sie auszogen, klagten sie für die gesamte Zeit die Differenz wegen fehlender Kategorie A ein, weil das Badezimmer nicht direkt, sondern über den Nebenraum entlüftet wurde.  Das haben sie doch von Anfang an gewusst und damit gut leben können. Bezüglich Mietzinsanfechtungen braucht es auch neue Regeln.

Das Problem ist also das Mietrecht, weniger die Bauvorschriften?

Wir brauchen natürlich auch keine neun Bauordnungen und weitere Vorschriften auf Bundesebene. Das macht alles nur extrem kompliziert und teuer, dass selbst die Gemeinnützigen darunter stöhnen.

Und vor allem die Mieter!  Laut Statistik Austria sind die Kosten für Mietwohnungen inklusive Betriebskosten in fünf Jahren im österreichweiten Schnitt um rund 14 Prozent gestiegen. Die reinen Nettomieten legten demnach zwischen 2012 und 2016 sogar um fast 17 Prozent zu, während die Haushaltseinkommen nur sechs Prozent stiegen.

Dabei steigen bestehende Verträge, also rund 90 Prozent der Mietverhältnisse, mit der Inflationsrate. Die Preissteigerungen betreffen Neuvermietungen und hier wird nicht erhoben, ob das jeweilige Objekt nicht inzwischen saniert wurde und deshalb in eine höhere Mietzinskategorie fällt. Im Schnitt wird in Österreich für die Nettomiete 450 Euro ausgegeben, das sind 14 Prozent des Haushaltseinkommens. Damit liegen wir mit den Wohnkosten im OECD-Vergleich immer noch im Mittelfeld. Außerdem ist nicht nur der private Wohnungsmarkt über der Inflationsrate gestiegen, sondern auch die Genossenschaftsobjekte und Gemeindewohnungen. Letztere wurden im besagten Zeitraum zwischen zwölf und 16 Prozent teurer. Die Gemeinnützigen leiden eben genauso unter den teuren Bauauflagen wie private Immobilieninvestoren. Außerdem regelt der Markt die Preise von selbst. Die Kaufpreise sind zuletzt nicht mehr so rasant gestiegen. Man weiß von den Maklern, dass sich Objekte über 850 Euro inklusive Betriebskosten nicht mehr so leicht vermitteln lassen und bei Eigentum ab 300.000 bis 350.000 Euro Gesamtkosten die Finanzierbarkeit an Grenzen stößt.

Lohnt es sich also für den Österreicher jetzt nicht mehr, in Immobilien zu investieren? 

Wir wissen von Österreichs Immobilien-Aktiengesellschaften, dass der österreichische Markt nicht mehr im Fokus steht und vermehrt im benachbarten Ausland geschaut wird. Wobei, wie gesagt, die Nachfrage in Österreich nicht gesättigt ist. Man will sich nur nicht das Theater mit dem Mietrecht und den Bauvorschriften antun. Ich würde dennoch nicht pauschal behaupten, dass österreichische Immobilien keine gute Altersvorsorge mehr sind. Doch in eine Immobilie zu Marktpreisen sollte man generell nur dann veranlagen, wenn man zumindest über ein Vermögen von 500.000 Euro verfügt. Denn man sollte nicht 100 Prozent, sondern nur ein Drittel seiner verfügbaren Mittel in Immobilien investieren. Wer kein Immobilienprofi ist, dem würde ich auch nur Neubauwohnungen als Anlage empfehlen und die natürlich nur in guter Lage! Wer sich nicht auskennt, sollte auch genügend finanzielle Reserven haben, dass er sich die Vermietung und Instandhaltung von Spezialisten managen lässt. Von fremdfinanziertem Eigentum als Vorsorge ist ohnehin abzuraten. Man sollte es mit Eigenmitteln kaufen, die man zumindest in den nächsten zehn Jahren nicht benötigt.

Wo in Österreich sind Immobilien derzeit am attraktivsten?

Wien ist wohl immer die erste Adresse. Von den Landeshauptstädten ist noch Salzburg sehr interessant, gefolgt von Graz, Linz und Innsbruck. Universitätsstädte sind von Vorteil. In Bezirksstädte würde ich mich als Ortsfremder nicht wagen.