Klar zur Wende

Der Österreicher Andreas Lackner will die Container-Schifffahrt revolutionieren.

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Der Österreicher Andreas Lackner will die Container-Schifffahrt revolutionieren. Er glaubt, dass die Zukunft der Transportwege über das Meer ganz klar bei Segelschiffen liegt.

Mehr als 90 Prozent des weltweiten Frachtaufkommens wird über die Meere transportiert. Meist auf ölbetriebenen Containerschiffen mit entsprechenden Nachteilen: Die Emissionen belasten das Ökosystem und es entstehen große Mengen CO?. Ein Ausweg könnten sogenannte Ecoliner sein. Das sind Hybridschiffe, die sowohl segeln, als auch mit Motorkraft fahren können. Oder gleich echte Segelschiffe, die einen emissionsfreien Warentransport ermöglichen. Utopie? Geht es nach Andreas Lackner und seiner „Tres Hombres“-Crew, ist dieses Szenario schon längst Realität. Gemeinsam mit seinen Co-Skippern Jorne Langelaan und Arjen Vanderveen ist er überzeugt, dass es gelingen müsste, ausschließlich mit der Kraft des Windes Fracht über den Atlantik zu transportieren – ohne Nutzung fossiler Energien.

Tres Hombres logo center

Klimaneutraler Frachtdienst.

Und seit 2009 gelingt es den Tres Hombres mit ihrem gleichnamigen Schiff. Das Boot ist ein ehemaliger Kriegsfischkutter, der nach über 60 Jahren zum Frachtsegler umgebaut wurde und seit Ende 2009 einen klimaneutralen Frachtdienst zwischen Europa und dem amerikanischen Kontinent unterhält.

Der Kutter wurde auf der Burmester Werft in Swinemünde gebaut. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er zum Fischkutter umgebaut und war unter anderem als Seeadler an der Kieler Förde beheimatet.1979 erfolgte der Verkauf nach Irland, um dort bis 1984 als Fähre zwischen Rossaveel und den Aran-Inseln eingesetzt zu werden. Der geplünderte Kutter wurde 1986 nach Delft geschleppt und 2007 von den heutigen Besitzern entdeckt. In Den Helder wurde der Rumpf restauriert, ein neuer Kiel gelegt und die Takelage aufgebaut. Die Antriebsanlage wurde komplett entfernt und aus dem Maschinenraum entstand der Laderaum. Im Dezember 2009 unternahm die Tres Hombres ihre Jungfernfahrt zum Klimagipfel nach Kopenhagen.

P1010223Geniales Konzept.

Die drei Männer (spanisch: tres hombres) Andreas Lackner, Arjen van der Veen und Jorne Langelaan lernten einander auf Segelschiffen kennen und entwarfen gemeinsam das Konzept für einen emissionsfreien Frachtdienst über See. Als Pilotprojekt soll die Tres Hombres die Marktnische Fair Transport ausbauen, deren wirtschaftliche Lebensfähigkeit und Goodwill beweisen.

Mittlerweile hat sich der Segeldienst regelrecht etabliert. Die Tres Hombres fährt nunmehr jährlich über den Atlantik. Das Schiff startet im Oktober in den Niederlanden, lädt Stockfisch in Norwegen, Wein in Frankreich und Olivenöl in Portugal. Die Route führt dann zum brasilianischen Belém, wo Wein und Olivenöl entladen und im Gegenzug Kaffeebohnen und andere fair gehandelte Produkte aus dem Amazonasbecken geladen werden. Auf der Rückreise läuft die Tres Hombres für Rum und Kakaobohnen die Insel Grenada an. Danach geht es wieder zurück nach Europa.Die Tres Hombres hat einem 55 Kubikmeter großen Frachtraum für ca. 20–30 Transportpaletten. Neben den Kojen für die fünfköpfige Besatzung gibt es auch zwei Kabinen für je zwei Passagiere sowie eine große Kabine im Vorschiff für acht Trainees. Für die Unterstützung bei Hafenmanövern wird ein motorisiertes Dingi mitgeführt.

Frachtsegler der Zukunft.

Inzwischen plant Kapitän Andreas Lackner den nächsten Schritt. Er möchte den Frachtsegler der Zukunft bauen. Mit dieser Idee hat er die Schiffs-Architekten der Firma Dykstra Naval Architects in Amsterdam angesteckt. Hier konstruieren Experten ein Hybrid-Schiff: den Ecoliner mit Motor und Segel. Kernstück des 8.000-Tonnen-Frachtseglers wird das Dyna-Rigg. Ein automatisches Segelsystem, das der Ingenieur Wilhelm Prölls in den 1960er-Jahren entwickelt hat. Das Dyna-Rigg ist eine Weiterentwicklung der alten Windjammertechnik.

Aber anders als bei den Frachtseglern der Vergangenheit müssen die Segel nicht mehr von einer großen Mannschaft bedient werden. Das Dyna-Rigg funktioniert vollautomatisch und lässt sich von einer Person bedienen. Die Segel werden per Knopfdruck aus- und eingerollt und können viel präziser und schneller gesteuert werden. Parallel dazu wird an einem Navigationssystem gearbeitet: Dieses System errechnet die günstigste oder schnellste Route für den Ecoliner und zeigt gleichzeitig an, wie viel Treibstoff gespart wird.

In England wird ebenfalls heftig an Fossil-Alternativen gebaut: Das 3.000-Tonnen Frachtschiff B9-Ship ist um ein Drittel kleiner als der Ecoliner, hat drei Masten und soll vor allem vor den Küsten fahren. Das B9-Ship wird mit einem speziellen Rolls-Royce-Motor ausgestattet, der mit Biogas betrieben wird. Im Windkanal der Universität Southampton wird gerade getestet, wie sich unterschiedliche Materialien auf das Fahrverhalten auswirken. Dreibeinige Stahlmasten beispielsweise sind günstiger in der Anschaffung, machen das Schiff aber langsamer. Carbonmasten sind teurer, aber günstiger im Unterhalt und durch das geringere Gewicht wird das Schiff schneller. In drei Jahren, wenn dieses Schiff fertig ist, wird man es wohl genauer wissen …

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