"Leistbares Wohnen" - der alte neue Werbegag der Politik

Als Bauträgersprecher der Wirtschaftskammer Österreich stapeln sich bei mir die Anfragen der Medienvertreter und engagierter Diskussionsrundenveranstalter zum Thema „Schaffung von leistbarem Wohnraum“.

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Als Bauträgersprecher der Wirtschaftskammer Österreich stapeln sich bei mir die Anfragen der Medienvertreter und engagierter Diskussionsrundenveranstalter zum Thema „Schaffung von leistbarem Wohnraum“.

Jetzt wissen Sie, liebe Leserinnen und Leser, nicht, dass die Rinderhaltung seit Kind auf mein liebstes Hobby war, und ich deswegen auch den folgenden Vergleich verwende: Einen Bauträger in Wien zu bitten, seinen Kommentar zum politischen Schlagwort „Leistbarer Wohnraum“ abzugeben, ist ungefähr das Gleiche, wie wenn man eine Kuh um ihre Meinung bittet, was sie denn dafür tun wird, dass der Rindfleischpreis nicht in die Höhe treibt. Denn in der aktuellen rechtlichen Situation, sehr geehrte Damen und Herren, hab ich genauso wenig Einfluss auf den Preis von Wohnraum wie das besagte Rindvieh auf den Fleischpreis. Um leistbaren Wohnraum zu schaffen, also um den Preis von Wohnraum zu senken, bedarf es eines Angebotes, welches die Nachfrage übersteigt. Eine Milchmädchenrechnung.

Die Nachfrage erhöht sich gegen alle bisherigen Schätzungen auch aufgrund der Zuwanderungsflut über-, über- und mindestens noch einmal überproportional. Die Baupreise sind in den letzten 5 Jahren um 1/3 gestiegen, Überregulierungen und zum Teil richtig unnötige Auflagen in Wien treiben den Preis noch weiter in die Höhe. Innerstädtische Sanierungen kosten dadurch doppelt so viel wie der großflächige Neubau im grünen Wiener Umland.

Wenn man sich auf hochwertige Sanierungen von Gründerzeithäusern auch in nicht besonders guten Lagen spezialisiert, eckt es an allen Enden. Es spießt sich am Richtwert und der nicht erlaubten freien Vermietung, es spießt sich an den zum Teil unsinnigen Förderauflagen und an der Flächenwidmung.nEine thermisch hochwertige Sanierung, noch dazu in Gegenden ohne Lagezuschlag, rechnet sich bei reiner Vermietung kaum. Das jetzige System fordert bzw. fördert folgende - für mich wenig zufriedenstellende - Optionen:

1) Keine oder minderwertige Sanierungen - das schafft weder Arbeitsplätze noch Steuereinnahmen, dafür aber hohe und umweltfeindliche Heizkosten, oder verfallende Kategorie D Wohnungen.

2) Hochwertige Sanierungen und im Anschluss Eigentumsabverkauf der Objekte - das rechnet sich durchaus, vor allem weil viele in vermeintlichen Krisenzeiten Geld in Immobilien anlegen; es führt aber teilweise zu unbewohnten Grätzeln und entzieht dem Markt Mietwohnungen, schafft daher ein geringeres Mietangebot und treibt die Preise weiter in die Höhe.

3) Hochwertige Sanierungen und über den Richtwert zu vermieten ist rechtswidrig.

4) Genau nach öffentlichen Wohnbauförderungskriterien mit bis zu 50% Wohnbauförderung sanieren. Im Anschluss dürfte man legal über dem Richtwert mit bis zu 9€/m2 vermieten. Das öffentliche Geld reicht jedoch nicht und die Auflagen für die Förderungen sind mit Verlaub oft unsinnig!

Unterm Strich werden viel zu wenige Wohnungen saniert, das Angebot wird um vieles noch knapper und der Wohnraum teuer. Ständig dafür die private Immobilienwirtschaft verantwortlich machen, wird sich zukünftig politisch nicht mehr ausgehen. Es braucht dringend eine Lösung vor allem in Wien, um den Anforderungen des Zustroms und der einhergehenden Wohnraumknappheit gerecht zu werden. So wie es jetzt ist, verursacht die Wiener Stadtpolitik die Schreckgespenster, die sie so gerne der Wirtschaft zuschreibt, selbst: saniert wird- außer in Toplagen - nichts und wenn, dann wird es großzügig zu Eigentumswohnungen umgebaut und gewinnbringend verkauft. Wie sollte es sich anders für die Private Immobilienwirtschaft denn bitte rechnen?

Die Gründerzeitviertel außerhalb des Gürtels werden damit von der Politik ganz bewusst ruiniert: Vermietung nach einer Sanierung zahlt sich nicht aus. Nur Burgenland hat einen noch billigeren Richtwert als Wien! Die leeren Worthülsen des Koalitionspaktes helfen da genauso wenig wie die ständig vorgebeteten Mietpreisrechner. Die Wohnungsnot wird so ungeheuer groß werden dank der untätigen Politik, dass Menschen vermeintlich jeden Preis für Wohnraum zahlen!

Ohne jeden Anreiz mit der derzeitigen Lage zu erwarten, dass die Privatwirtschaft es sich leisten kann, zu sanieren und zu vermieten, wird jedenfalls das Problem nicht lösen. Wir müssen anders rechnen, als AK oder Mietervereinigung. Wir müssen schauen, dass wir unsere Angestellten und Kollegen bezahlen können, wir arbeiten auf eigenes Risiko und müssen mit Bedacht wirtschaften. Lösungen wurden von uns genügend erarbeitet.

Jetzt gilt es, statt dauernd plakativ mit Worten rundum zu schlagen, Taten mit uns gemeinsam zu setzen!