Leistbares Wohnen durch Zertifikat?

Kommentar von Ines Reiter, Geschäftsführerin ÖGNI, zum Artikel "...weil dann nur noch Mist gebaut wird".

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In der vergangenen Zeit wurde in der Öffentlichkeit immer wieder der Ruf nach leistbarem Wohnen laut. Die Bundesregierung hat nun ein Wohnbaupaket zur Ankurbelung der Konjunktur angekündigt. Der Bund will 500 Millionen Euro an Haftungen vergeben und damit die Wohnbauträger zu Investitionen von fast sechs Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 animieren. So sollen in den nächsten fünf bis sieben Jahren 30.000 zusätzliche Wohnungen errichtet werden.

Investitionen sind die eine Sache, was für mich jedoch entscheidend ist: Wie wird die Strategie dahinter aussehen? Wird es auch Anreize, Bedingungen oder gar Vorgaben geben, damit dabei auch in Qualität und Nachhaltigkeit investiert wird? Denn gerade hier liegt für mich der Schlüssel dazu, den Trend von immer schneller steigenden Miet- und Betriebskosten abzuflachen oder im besten Fall sogar zu stoppen.

Diese Kostensteigerungen werden für immer mehr Menschen zum großen Problem, da die Preise oft schneller steigen als das Einkommen. Und dies kann langfristig auch für die Bauträger bzw. Vermieter zum Problem werden, da Mieten und Betriebskosten schlicht nicht mehr bezahlt werden können.

Wenn es jedoch gelingt, den Fokus im Wohnbau nicht nur auf die Investitionskosten zu legen, sondern Immobilien mit Mehrwert zu schaffen, dann bietet dies eine enorme Chancen für alle Seiten: Nachhaltige Gebäude optimieren die Lebenszykluskosten, denn immerhin entstehen 80 Prozent der Kosten erst in der Nutzungsphase. Dazu braucht es meines Erachtens ein Instrument, um die Vorteile wirklich überprüf- und belegbar darzustellen und somit Investoren und Bauträger zu animieren. Mit Gebäudezertifikaten gibt es solche Instrumente bereits am Markt. Sie sind im gewerblichen Bau glücklicherweise bereits Gang und Gebe - im Wohnbau jedoch leider (noch) nicht.

Dabei gibt es schon Vorreiter-Projekte, wie das Panoramawohnen in Steinhaus bei Wels (OÖ). Durch die Verwendung hochwertiger Baumaterialien und vieler weiterer Maßnahmen wird ein Niedrigstenergiestandard erreicht. Klar, dass dadurch Kosten eingespart werden können – und zwar Monat für Monat, ein Leben lang. Und da die Immobilie durch die Zertifizierung einen umfassenden, ganzheitlichen Qualitätskatalog erfüllen muss, trägt sie außerdem maßgeblich zu einer besseren Lebensqualität der Bewohner bei.

Wünschenswert wäre, wenn vor allem die öffentliche Hand durch ihre Stellung und ihr großes Volumen an Bauvorhaben hier einen wichtigen Vorbildcharakter einnimmt. Denn eines darf nicht vergessen werden: die Forderung nach Billig und Quantität zielt auf kurzfristige Impulse. Bessere Gebäude, niedrigere Miet- und Bewirtschaftungskosten und vor allem zufriedene Nutzer rechtfertigen daher einen geringen Mehraufwand in der Planung und im Bau in jedem Fall. Ein Rückschritt bleibt uns hoffentlich erspart, hier müssen wir alle zusammenarbeiten und aufschreien, denn eine solche Entwicklung wird länger wirken und unsere internationale Vorreiterrolle in Frage stellen.