Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft

Und wieder hat für die Universitäten ein neues Semester begonnen. Und wie bei jedem neuen Semester stellt sich bei uns an der Wirtschaftsuniversität im Rahmen des Bachelorwahlfaches „Immobilienwirtschaft und Standort“ die Frage, welches immobilienwirtschaftliche Spezialthema wir in diesem Semester behandeln wollen.

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Und wieder hat für die Universitäten ein neues Semester begonnen. Und wie bei jedem neuen Semester stellt sich bei uns an der Wirtschaftsuniversität im Rahmen des Bachelorwahlfaches „Immobilienwirtschaft und Standort“ die Frage, welches immobilienwirtschaftliche Spezialthema wir in diesem Semester behandeln wollen. Denn nachdem wir den Studierenden in der Einstiegslehrveranstaltung den standardisierten Stoff des Grundlagenwissens vermittelt haben, fokussiert der Vertiefungskurs auf irgendein Spezialthema, dessen Forschungsfragen mit den Studierenden gemeinsam erarbeitet und dann in Gruppenarbeit recherchiert und untersucht werden. Im Sinne der forschungsgeleiteten Lehre soll damit nicht nur immobilienwirtschaftliches Spezialwissen, sondern auch die Kompetenz, selbständig wissenschaftliche Aufgabenstellungen zu bearbeiten, vermittelt werden. Als Nebenprodukte geht es auch noch um die Organisation der Arbeit in der Gruppe, die inhaltliche Abstimmung und Auseinandersetzung mit den KollegInnen, das Eintreten für die eigenen Positionen und andere „Social Skills“.

In diesem Semester halte ich diese Lehrveranstaltung gemeinsam mit Philipp Kaufmann ab. Und unser Generalthema lautet daher „Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft“. Dabei geht es nicht darum, zur Endlosdiskussion „Was ist Nachhaltigkeit“ beizutragen oder den x-ten Aufguss des Zertifikatevergleichs zu liefern. Was uns bei diesem Generalthema vielmehr bewegt, ist die Frage, was an „Nachhaltigkeit“ in den acht Jahren seit der Gründung der ÖGNI in der österreichischen Immobilienwirtschaft angekommen ist. Oder anders gefragt: „Wie nachhaltig ist denn die Nachhaltigkeit in der österreichischen Immobilienwirtschaft verankert?"

Keine Angst! Sie müssen jetzt nicht befürchten, dass Gruppen von WU-Studierenden bei Ihnen im Büro anklopfen, um Sie zum Thema zu befragen. Denn unsere beiden Stoßrichtungen sind andere; weil wir an der Wirtschaftsuniversität lehren, natürlich wirtschaftlich ausgerichtete. Erstens zielen wir auf die Mieter der zertifizierten Immobilien ab. Die zentrale Hypothese dabei lautet, dass sich die Eigentümer zertifizierter Immobilien über „bessere“ Mieter freuen können. Dass sie bereit sind, etwas höhere Mieten zu zahlen, wurde schon durch viele Studien belegt. Aber sind die Mietverhältnisse vielleicht auch stabiler? Haben die Mieter in zertifizierten Immobilien eine höhere Bonität? Zählen sie eher zum Top-Segment internationaler Unternehmen? Das sind einige der Fragen, die wir in diesem Semester gemeinsam mit den StudentInnen beantworten wollen.

Die zweite Stoßrichtung zielt auf die Universitäten, Fachhochschulen und anderen tertiären Bildungseinrichtungen ab. Denn Nachhaltigkeit wird nur dann in der Immobilienwirtschaft auf Dauer angekommen sein, wenn sie auch in den diversen Lehrprogrammen integriert ist. Natürlich wünschen wir uns, dass Nachhaltigkeit und ihre wesentlichen Elemente ganz selbstverständlicher Bestandteil jeder Ausbildung für die typischen Immobilienberufe ist. Aber wie weit sind wir da? Tauchen die Inhalte im Ausbildungskern auf oder nur im Wahlangebot? Wo liegen die Schwerpunkte? Wo inhaltlich? Wo räumlich; d.h. an welchen Ausbildungsstätten? Zu diesen Fragen gibt es zwar einiges an Erfahrungswissen, das sich in den letzten Jahren angesammelt hat, aber keine systematische Aufarbeitung. Diese soll im Rahmen unserer Lehrveranstaltung erarbeitet werden. Es steht also wieder einmal ein spannendes Semester an. An seinem Ende werden wir dann – hoffentlich – etwas schlauer sein.