Neue Konzepte sind gefragt

Keine Frage - damit mehr Wohnraum entstehen - und sozial gerecht vergeben werden kann, müssen auch die politischen Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden. Bis jetzt sind mir alle Parteien und - wenn Sie so wollen - Bewegungen - neue Konzepte schuldig geblieben. Ein Umstand, der vielleicht der großen Hitze geschuldet ist. Aber es soll ja bald kühler werden. Ich bin jedenfalls gespannt.

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Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in den Ballungszentren steigt weiter an. Es gilt, schnell und kostengünstig, qualitativ hochwertigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört die Bereitstellung von günstigen Baugrundstücken und die Mobilisierung von bereits gewidmeten Bauland. Die Gemeindeväter in Absam in Tirol haben nun im Kampf gegen explodierende Grundstückspreise die Reißleine gezogen und für eine Widmung von rund 650 Quadratmetern von Frei- in Bauland mit dem Besitzer eine Preisobergrenze von 700 Euro pro Quadratmeter festgelegt (Schaler Beigeschmack: In diesem Fall sollte durch die Baulandwidmung einem Absamer Bauern der Ankauf von dringend benötigten landwirtschaftlichen Flächen ermöglicht werden.) Damit sollte die Preissteigerung zumindest gedämpft werden. Die durchschnittlichen Grundstückspreise in Absam betrugen laut Statistik Austria im Vorjahr 604 Euro pro Quadratmeter. Widerstand gegen den Beschluss des von Bürgermeister Arno Guggenbichler (SP) angeführten Gemeinderates kam von der Opposition. Der von „Wir Absamer - Tiroler Volkspartei“ bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingebrachten Aufsichtsbeschwerde blieb der Erfolg versagt. Sie wollte dem Argument „Die Preisobergrenze sei ein Eingriff in eine privatrechtliche Angelegenheit“ nicht folgen. Die Vereinbarung von Höchstpreisen für Grundstücksflächen verwirkliche direkt die Ziele der örtlichen Raumordnung, heißt es in der Begründung. Im Tiroler Raumordnungsgesetz werden die Gemeinden nämlich dazu verpflichtet, „Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung des Baulandes und der bestehenden Bausub­stanz insbesondere zur Deckung des Grundbedarfes an Wohnraum und an Flächen für Zwecke der Wirtschaft zu angemessenen Preisen“ zu treffen. Andere sprechen von Erpressung, bedeutet die Vertragsraumordnung einen massiven Eingriff ins Eigentum. Denn wer nicht zustimmt, dem bleibt eine Umwidmung versagt. Wien ist hier nicht anders. Erst vor kurzem hat die Stadt Wien bei einem Projekt am Handelskai verlangt, dass im Gegenzug zu einer Umwidmung, die den Bau von zwei Wohntürmen mit in Summe 100.000 Quadratmeter anstelle von 42.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche ermöglicht hätte, der gewerbliche Bauträger einen gemeinnützigen Partner ins Boot holt. Ein weiteres heißes Eisen ist das Thema Baulandmobilisierung. Bleiben wir im Heiligen Land Tirol: 20,7 Prozent gewidmetes Bauland sind in Tirol nach wie vor unverbaut. In absoluten Zahlen: 4550 Hektar von in Summe 22.030 Hektar. (Zum Vergleich in Wien sind es mit 620 Hektar gerade einmal 4,3 Prozent). Wobei nicht immer Spekulanten Bauland „horten“. In der Vergangenheit wurde – vor allem in ländlichen Bereich – mit Baulandwidmungen (zu) großzügig umgegangen. Durch die räumliche Entwicklung von Gemeinden befinden sich viele als Bauland gewidmete Grundstücke nicht in den zum Wohnen bevorzugten Regionen. Wer will schon an einer später errichteten oder ausgebauten Schnellstraße wohnen. Noch ein Nachsatz zu den Spekulanten. Auch wenn die Projektentwickler „Landbanking“ betreiben, um ausreichend Grundstücke für ihre Projekte in der Pipeline zu haben: Jedes Grundstück bedeutet auch gebundenes Working-Kapital, Kapital, das in der Projektentwicklung fehlt – auch wenn Fremdkapital angesichts der historisch niedrigen Zinsen so günstig ist wie nie. Da sieht es bei noch aktuell landwirtschaftlich genutzten Flächen nahe der Wiener Stadtgrenze anders aus. Keine Frage - damit mehr Wohnraum entstehen - und sozial gerecht vergeben werden kann, müssen auch die politischen Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden. Bis jetzt sind mir alle Parteien und - wenn Sie so wollen - Bewegungen - neue Konzepte schuldig geblieben. Ein Umstand, der vielleicht der großen Hitze geschuldet ist. Aber es soll ja bald kühler werden. Ich bin jedenfalls gespannt.
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