Neue Wege

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Erbe wirtschaftlich nützen stellt Eigentümer und Betreiber vor Herausforderungen. Peter Dietz und Sylvia Wagner zeigen am Beispiel des Schlösserlands Sachsen, wie mit Prioritätensetzung und neuen Richtlinien Genehmigungsverfahren und Nutzungskonzeptionen erfolgreich verändert wurden.

In Sachsen veränderte sich vieles. Im Freistaat beschleunigten sich in den letzten Jahren die Prozesse von der Idee bis zur Umsetzung der Nutzung von kulturellem Erbe. Das ist erfreulich. Denn früher dauerte das reine Verfahren, um ein kulturelles Erbe von der Konzeption bis zur Umsetzung zu bringen, rund 80 Monate, das sind 7 Jahre und 8 Monate. Heute dagegen genügen 50 Monate, also 4 Jahre und 2 Monate. „Mit Prioritätensetzung und einem neuen, bis in die Richtlinien verankerten, verbindlichen Prozessmanagement werden in Sachsen erfolgreich neue Wege beschritten“, sagt Peter Dietz, Gründer des Baureferats Sachsen. Durch die Errichtung einer Betreibergesellschaft im Jahr 2012 wurde es unterstützt, dass Interessensunterschiede von Eigentümer und Betreiber synergetisch in Richtlinien und Prozesse umsetzbar wurden.

Synergien erkennen und zusammenführen

Was ist die Ausgangslage? Nüchtern betrachtet, basiert Bauen und die Förderung durch offizielle Einrichtungen auf genehmigtem Bedarf und bereitgestellten Haushaltsmitteln. Entsprechende Regularien und Richtlinien schreiben hierfür in Sachsen und vielerorts das Verfahren vor. Kommen dann noch zusätzliche Finanzierungskonzepte wie beispielsweise der europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) dazu, wird die Sache nochmals dichter und komplexer. Für eine erfolgreiche Einreichung, Genehmigung und Förderung sind baufachliche, wirtschaftliche, tragfähige und haushalterisch genehmigungsfähige Unterlagen ein Muss.

[caption id="attachment_2032" align="aligncenter" width="300"]AUGUSTUSZIMMER-II. Einst feierte August der Starke in diesem prächtigen Saal rauschende Feste. Das Augustuszimmer wird nun restauriert und 2016 finden hierin wieder standesamtliche Trauungen statt. AUGUSTUSZIMMER-II. Einst feierte August der Starke in diesem prächtigen Saal rauschende Feste. Das Augustuszimmer wird nun restauriert und 2016 finden hierin wieder standesamtliche Trauungen statt.[/caption]

Dabei treffen zusätzlich unterschiedliche Interessen von Eigentümern und Betreibern aufeinander. So ist es für den Betreiber aus wirtschaftlichem Interesse wichtig, ein Alleinstellungsmerkmal bestmöglich zu vermarkten. Im Schlösserland Sachsen ist dies die prachtvolle und bewegte Geschichte der Schlösser, Burgen und Gärten. Aus der Sicht des Betreibers hingegen sieht die Sache anders aus: für ihn zählen die Erträge sowie die Sicherung des baulich kulturellen Erbes. Die Frage stellt sich: Ist eine Synergie dieser unterschiedlichen Interessen zu schaffen? Dies gelang im Freistaat Sachsen.

Aus der Zeit- und Kostenfalle aussteigen

2012 wurden der Eigentümer – Freistaat Sachsen – und der Betreiber getrennt. Durch die Gründung der Schlösser, Burgen und Gärten Betriebs gGmbH wurde letztendlich forciert, die zentrale Richtlinie des Landes zu überarbeiten und das Prozessmanagement neu aufzusetzen. Statt Bedarfsorientierung wurde nun ein neues Konzept erstellt, das den Schwerpunkt auf die Nutzung legt. „Nutzungskonzeptionen sind strategische Instrumente mit dem Ziel, ein nachhaltiges Portfoliomanagement zu generieren“, sagt Peter Dietz. Durch das Setzen von Prioritäten und einem neuen Prozessmanagement in der Richtlinie können letztendlich Zeit und Kosten gespart werden.

[caption id="attachment_2033" align="aligncenter" width="640"]SCHLÖSSERLAND SACHSEN. Das Schlösserland Sachsen hat zahlreiche Schlösser in seinem Portfolio. SCHLÖSSERLAND SACHSEN. Das Schlösserland Sachsen hat zahlreiche Schlösser in seinem Portfolio.[/caption]

Denn der Teufelskreis lief bis dahin so: Die Wartezeiten für Genehmigungen überstiegen die Laufzeiten der Umsetzung. Infolgedessen stiegen durch inhaltlich und quantitativ notwendige Anpassungen weiter die bereits genehmigten Kosten. Aus dem Haushalt wurden andere Mittel für weitere bauliche Maßnahmen eingesetzt. So drohten Projekte chronisch an Zeitmangel und Kostenexplosionen zu leiden.

Ansprüche an Leitbild, Marketing und Besucherführung

Von Seiten des Betreibers wird nun natürlich Neues gefordert. Statt Stellenplänen und Kapazitätseinheiten geht es vorrangig um inhaltiche Qualität. Bedarfsanforderungen und Ermittlung der Baunutzenkosten werden ergänzt um diverse Dokumentationen, Anleitungen und Handbücher für den Betrieb. Das Aufsetzen einer langfristigen Strategie ist dabei ein zentraler Faktor. So sagt Syliva Wagner, Koordinatorin der Betreibergesellschaft: „Wir verpflichten uns mit der Baustrategie 2025+ des Schlösserlands Sachsen die Zukunft der Geschichte im Blick zu behalten.“ Diesem Schluss ist ein Prozess der Formulierung der Mission, des Leitbildes, der Vision vorangegangen.


WAS IST NEU?

Anpassungseffekte in der Richtlinie SBG (Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gemeinnützige GmbH) durch die Betonung der Nutzungskonzeption:

1.   Entfallen: Vorlage Stellenplan, Angabe nutzerspezifischer Kapazitätseinheiten, bedarfsbegründende Angaben zum Flächenbestand.

2. Qualitätsverbesserung mit gestiegenen Anforderungen an den Inhalt: qualitative Bedarfsanforderungen künftiger Nutzung, Sicherheitskonzept, Museumskonzeption, betriebswirtschaftliche Ist- und Bedarfsanalyse, erweiterte baufachliche Grundlagen wie Konzepte für Brandschutz/TVE, denkmal­pflegerische Rahmenzielstellung sowie zusammenfassende Ermittlung der Baunutzungskosten. 3.   Zusammenführung der Planungsschritte „Erstellung ES“ und „EW“ von Planungsbeginn bis zur Kostenschätzung. 4.   Fokussierung auf Wirtschaftlichkeit ab der Bedarfsformulierung. Dadurch werden Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigt. Gebaut wird in Bauabschnitten und nicht mehr in Haushalts­abschnitten. 5.   Erweiterung der Richtlinie um diverse Dokumentationen, Anleitungen, Angebote und Handbücher für den Betrieb.

BAUSTEINE EINER NUTZUNGSKONZEPTION

Diese Bestandteile benötigt eine Nutzungskonzeption, nach der RLBau-SBG 2013 und der RLBau Sachsen 1.   Leitbild der Gesamtliegenschaft 2.   Marketinganalyse und Marketingkonzeption 3.   Flächenangaben zu verpachteten Bereichen 4.   Darstellung der bestehenden Nutzungszwecke 5.   Darstellung der beabsichtigten Nutzungszwecke 6.   Formblatt mit qualitativen Bedarfsanforderungen der künftigen Nutzung 7.   Gesamtsicherheitskonzept 8.   Besucherführung im Freianlagenbereich 9.   Museumskonzeption 10. Betriebswirtschaftliche Ist- und Bedarfsanalyse

There is a lot changing in Saxony. Over the last years, the process from an idea to implementing the utilisation of cultural heritage has been speeding up. Today, the procedure to get a cultural heritage from the concept stage to implementation only takes 50 months, which is four years and two months. In the past it was 80 months.

“By setting priorities and using a new, binding process management embedded in the guidelines Saxony has successfully set a new course,” says Peter Dietz, founder of the building division Saxony. The creation of an operating company in 2012 helped to synergise differences in interests between owner and operator.

Finding and combining synergies

On the bottom line, building and subsidising by official entities is based on granted requirements and earmarked budgets. In Saxony, there are various regulations and directives for these processes. Once financing concepts like the European Regional Development Fund (ERDF) also come into play everything becomes a little more dense and complex.

Additionally, different interests of owners and operators are clashing. For the owner it is economically important to market a unique selling point the best possible way. In the castle state Saxony this is the magnificent and eventful history of the palaces, castles and gardens.

From an operator’s point of view it is revenues and securing the structural cultural heritage that count. In the Free State Saxony a synergy between the different interests has been created.

Escaping the time and cost trap

In 2012, the owner – the Free State of Saxony – and the operator were separated. The founding of the “Schlösser, Burgen und Gärten Betriebs GmbH forced the renewal of central directives and the implementation of a new process management. The focus was placed on utilisation rather than demand orientation.

Setting priorities and a new process management in the directive can help to eventually save on time and costs. Because before, the vicious circle went like this: The waiting period for permissions was longer than the implementation phase. This led to an increase in the approved costs because of necessary adaptations. Projects were chronically at risk of suffering from a lack of time and a cost explosion.

Standards for mission, marketing and visitors

Of course the operator now demands something new. The focus is placed on content quality rather than head count and capacities. Various documentation as well as instructions and manuals for operating a building are added to requirement requests and calculations of costs of utilisation.

“With the building strategy 2025+ of the castle state Saxony we are committing to keep the future of history in sight,” says Sylvia Wagner, coordinator at the operating company.