Ohne Lobby

Über all die Jahre hat sich die Branche zusammengefunden, jetzt müsste sie sich nur noch nach außen stärker vertreten und besser verkaufen. Der ImmoFokus hat sich am Bundestag umgehört.

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Über all die Jahre hat sich die Branche zusammengefunden, jetzt müsste sie sich nur noch nach außen stärker vertreten und besser verkaufen. Der ImmoFokus hat sich am Bundestag umgehört.

Die Politik und die Gesetzgebung machen es der Branche weiterhin sehr schwer. Das liegt vermutlich auch daran, dass es keinerlei Lobby im Parlament gibt. Das ist eigentlich verwunderlich, denn die Immobilienwirtschaft ist einer der stärksten Wirtschaftszweige in unserem Land. „Die Herausforderung ist, dass die Regierung anfangen sollte zu agieren, und die Immobilienwirtschaft sollte da auch mehr Druck machen“, meint Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher der WKO.

[caption id="attachment_1256" align="alignleft" width="150"]Hans Jörg Ulreich (c) Sebastian Philipp Hans Jörg Ulreich
(c) Sebastian Philipp[/caption]

Aber ohne Lobby ist das sehr schwierig und so kommt es eben dann auch, dass den Maklern, Hausverwaltern und Bauträgern Gesetze auferlegt werden, die mehr behindern als verbessern. „Mit der Wohnrechtsnovelle 2015 und der Steuerreform 2015 wird das Arbeiten nicht leichter gemacht, sondern die Wohnungswirtschaft wird überproportional belastet“, meint etwa Georg Flödl, Vorstand des ÖVI, und weiter: „Der Diskussion über leistbaren Wohnraum kann man nur mit mehr Wohnraum begegnen, aber der Gesetzgeber beschneidet uns mehr, als er Anreize setzt, um diese Herausforderungen zu meistern.“

Wobei Gerald Gollenz, Obmann Stv. im Fachverband der WKÖ, schon etwas abgeklärt meint, man könne ja schon froh sein, wenn es überhaupt Gesetze gibt: „Man muss sich einmal klar werden in den entsprechenden Gremien über die kommenden Gesetze, die unsere Branche betreffen. Wir wissen oft nicht: kommt jetzt ein Gesetz, kommt es nicht, und wenn ja, in welcher Form? Wenn man so wie wir im latenten Bereich arbeiten muss, dann ist man arm.“

Eine unbefriedigende Situation, vor allem wo von allen Seiten der „leistbare Wohnraum“ propagiert wird. Dem treten aber zwei Probleme entgegen: Grundstücke und Gesetze. „Einfacher Wohnraum ist gefragt, aber die Grundstücke lassen keine erschwinglichen Preise zu“, sieht Oliver Brichard, Hausverwaltung & Immobilienverwaltung Brichard, die Situation am Markt und eine weitere Hürde liegt in den Gesetzen. „Die Administration und die Auflagen sind ja ein Wahnsinn“, sagt Rudolf North, Fachgruppengeschäftsführer der Fachgruppe Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder: „Die Kosten, die dadurch auflaufen, sind unverhältnismäßig zu den vorgegebenen Zielen.“ Das trifft aber für ihn nicht nur auf die Bauträger, sondern auch auf die Makler zu, wenn er meint:

„Die vom Konsumentenschutz geforderte und letztendlich überbordende Informationsflut gehört weg – die Menschen wurden entmündigt.“

[caption id="attachment_1258" align="alignright" width="150"]Ing. Gerald Gollenz (c) WKO Ing. Gerald Gollenz (c) WKO[/caption]

Für Ulreich ist die Situation schon seit Jahren unbefriedigend: „Weiter wurschteln geht nicht. Die alten Rezepte greifen nicht mehr. Wir brauchen neue Ideen und Konzepte.“ Vor allem vor dem Hintergrund, dass in den nächsten Jahren massive Herausforderungen auf die Branche zukommen. „Wir müssen auch mutig sein und das auch zulassen und umsetzen“, so Ulreich weiter: „Wenn uns nach einer getroffenen Entscheidung wieder etwas Besseres einfällt, dann muss man eben die Rahmenbedingungen wieder anpassen. Aber Nichtstun ist das Schlechteste. Wie im Kleinen, so im Großen.“

Was dabei ganz wichtig wäre: mehr Glauben in die eigene Stärke; oder, wie es Christian Hrdliczka, Obmann-Stellvertreter der Fachgruppe Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WK Wien, ausdrückt: „Wir sollten so viel Selbstbewusstsein haben, von uns aus zu diskutieren, wo wir hinwollen, bevor uns jemand anderer sagt, wo wir hinsollen.“

Die Akteure sind sich aber durchaus im Klaren, dass auch von eigener Seite Veränderungen geschehen müssen, bevor die Entwicklung sie überholt. „Wir sollten offen sein für moderne Denk– und Handlungsweisen“, meint Hrdlicka. Er spricht sich, wie so viele andere seiner Kollegen,für moderne Denk– und Handlungsweisen aus: „Wir müssen uns neu erfinden – sowohl als Makler als auch als Verwalter, damit wir jene Lügen strafen, die meinen, dass es unseren Berufsstand bald nicht mehr geben wird.“


DIE ÖSTERREICHISCHE IMMOBILIENWIRTSCHAFT

Rund 5.000 Immobilienunternehmen mit an die 24.000 Beschäftigten gibt es in Österreich. Die Immobilienwirtschaft erzielt jährlich eine Wertschöpfung von ca. 13,5 Milliarden Euro, rund 145.000 Beschäftigungsverhältnisse hängen an den Investitionen der Immobilienbranche.

Gemessen als Anteil an der Gesamtwirtschaft trägt die Immobilienwirtschaft einen Wertschöpfungsanteil von ca. 4 Prozent und damit mehr als beispielsweise der Maschinenbau mit 2,5 Prozent oder die Energieversorger mit rund 2 Prozent.

Quelle: WKO