Positionen & Meinungen Strafen schaffen keinen Wohnraum!

Warum nicht auch generell im öffentlichen Mietsektor befristen und die Verlängerung davon abhängig machen, wie sich die Einkommensverhältnisse gestalten?

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Strafen schaffen keinen Wohnraum!

Die Arbeiterkammer schlägt Alarm und fordert die Abschaffung befristeter Verträge. Sie behauptet, dass 46,5 Prozent der privaten Mietverträge im Jahr 2021 befristet waren und diese teurer als unbefristete Verträge wären. Laut Statistik Austria lag der Befristungsanteil im Jahr 2017 bereits bei 45 Prozent und ist somit in den letzten vier Jahren nicht maßgeblich gestiegen. Dem Mikrozensus der Statistik Austria ist überdies zu entnehmen, dass 2021 nur 23 Prozent aller Hauptmietwohnungen befristet waren. Der Befristungsanteil im öffentlichen Mietsektor, der in Österreich immerhin 60 Prozent (!) aller Bestandverhältnisse umfasst, ist relativ gering. Vorarlberg bildet diesbezüglich eine Ausnahme.

Die Situation in Wien

Blickt man auf die einzelnen Bundesländer, ergibt sich folgendes Bild: In Wien waren im Jahr 2021 nur 17 Prozent aller Hauptmietwohnungen befristet. Die höchste Zahl an befristeten Mietverträgen gibt es in Vorarlberg. Im Ländle werden nämlich sowohl Gemeinde- als auch Genossenschaftswohnungen seit 2001 nur noch befristet vergeben. Tirol hat den zweithöchsten Anteil an befristeten Mietverträgen, allerdings ist dort der öffentliche Mietsektor österreichweit am niedrigsten und ein relativ hoher Prozentsatz der Bevölkerung lebt im Eigentum. In Wien ist die Situation umgekehrt: Der Eigentumsanteil ist eher gering und es gibt einen hohen Anteil an Mietverhältnissen. Insofern sind 17 Prozent an befristeten Verträgen vergleichsweise niedrig.

Die entstandene Schieflage

Der hohe Anteil an sozialem Wohnbau in Österreich und die Tatsache der fast ausschließlich – teilweise sehr alten – unbefristeten Vermietung in diesem Segment ist ein Grund, warum unbefristete Verträge in der Statistik als billiger als befristete Verträge aufscheinen. Aber hier herrscht eine eklatante Schieflage: Ein Großteil der dort teilweise über Eintrittsrechte lebenden Menschen verdient mittlerweile überdurchschnittlich gut und profitiert von der günstigen Miete, weil ein unbefristeter Vertrag nicht nur weitergegeben werden (Eintrittsrechte), sondern auch bei geänderten Lebensverhältnissen nicht aufgekündigt werden kann. Ein weiterer Grund wäre, dass unbefristete Verträge vielfach schon einen langen Bestand haben. Nach wie vor gibt es zahlreiche besonders günstige Altmietverträge, die schon vor Jahrzehnten abgeschlossen wurden oder in Folge von Eintrittsrechten immer noch weit unter den Marktpreisen liegen.Mit der Möglichkeit, Mietverträge zu befristen, wurde dem Eigentümer einer Wohnung beziehungsweise eines Hauses ein gewisses Maß an Flexibilität eingeräumt, das als Ausgleich für die rigiden Kündigungsbestimmungen des MRG zu sehen ist. Wer die eigene Wohnung etwa für die Enkelkinder zum Studieren vorgesehen hat oder aufgrund eines beruflichen Auslandsaufenthaltes eine bestimmte Zeit nicht benötigt, führt bei befristeter Vermietung dem Markt Wohnraum zu und vergrößert das Angebot. Denn eines ist sicher: Die Abschaffung der Befristung und die Bestrafung von Leerstand wird nicht mehr Wohnungen auf den Markt bringen. Im Gegenteil: Eine Liberalisierung der Befristung würde dem Markt gut tun.

Apropos Vorarlberg: Warum nicht auch generell im öffentlichen Mietsektor befristen und die Verlängerung davon abhängig machen, wie sich die Einkommensverhältnisse gestalten? Wer mehr verdient, kann bleiben, zahlt aber mehr Mietzins.

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