Trendwende in Sicht?

Der Blick in die Glaskugel. Nach wie vor boomen die Immobilienmärkte. Wie lange wird die Geldpolitik der EZB die Märkte mit billigem Geld versorgen? Wie lange der dadurch entstehende Kapitaldruck und damit verbunden der Druck auf die Renditen noch anhalten? Was bedeutet diese Entwicklung für langfristige Investments? Welche Auswirkungen hat der BREXIT langfristig auf den heimischen Immobilienmarkt? Der ImmoFokus hat sich bei den Immobilienprofis umgehört.

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Der Blick in die Glaskugel. Nach wie vor boomen die Immobilienmärkte. Wie lange wird die Geldpolitik der EZB die Märkte mit billigem Geld versorgen? Wie lange der dadurch entstehende Kapitaldruck und damit verbunden der Druck auf die Renditen noch anhalten? Was bedeutet diese Entwicklung für langfristige Investments? Welche Auswirkungen hat der BREXIT langfristig auf den heimischen Immobilienmarkt? Der ImmoFokus hat sich bei den Immobilienprofis umgehört.

Die Fragen

  1. Die Investoren setzen nach wie vor auf Immobilien. Die Immobilienwirtschaft boomt und die niedrigen Zinsen befeuern diese Entwicklung. Boom ohne Ende? Trendwende in Sicht? Wann endet der Immobilienzyklus?
  2. In welcher Assetklasse/Region gibt es aktuell die höchsten Renditen mit dem geringsten Risiko?

Anton Bondi de Antoni Bondi Immobilien-Consulting

  1. Immobilieninvestitionen stellen nach wie vor ein entsprechend sicheres Engagement dar, da auch langfristig nicht von erheblichen Werteinbußen ausgegangen werden kann. Bereits lauter werdende Gerüchte über eine mittelfristig moderate Anhebung der Zinsen werden dazu führen, dass die Investitionen in den nächsten Monaten und Jahren etwas vorsichtiger gesehen werden. Dass die Renditen noch weiter fallen, ist kaum vorstellbar. Aus heutiger Sicht ist jedoch keine wirkliche Trendwende zu erkennen und kann, zumindest in Österreich, auch nicht von einer Immobilienblase gesprochen werden. Richtig ist allerdings, dass Investoren, die mit einem hohen Leverage finanzieren, in den nächsten zwei bis drei Jahren durch steigende Zinsen unter Druck kommen können (sofern sie nicht durch entsprechende Zinssicherungsinstrumente vorgesorgt haben). Derartige Investments werden dann rascher ¬– und möglicherweise mit Verlusten – wieder auf dem Markt angeboten werden.
  2. In Österreich in Wien und (mit Einschränkungen) in Graz. In Deutschland in den Großstädten und inzwischen auch in kleineren Städten. Nach wie vor stellen gewerbliche Mietverträge mit potenten Mietern die sicherste Assetklasse dar; Hotelinvestments im Städtetourismus sind ebenfalls sehr gefragt. Investments in den Wohnungsbereich stellen zwar ein relativ geringes Risiko, allerdings mit vergleichbar sehr geringen Renditen dar.

Stefan Brezovich ÖRAG

  1. Einen Boom ohne Ende gibt es in einer zyklischen Welt und ebenso zyklischen Wirtschaft ohnedies nicht. Die aktuelle Frage ist, wie lange der Boom noch andauert. Aus unserer Sicht endet die nun schon lange andauernde Hochphase mit einem spürbaren Zinsanstieg auf den Finanzmärkten. Eingeläutet wird diese Entwicklung bereits jetzt durch aktuell starke Zahlen beim Wirtschaftswachstum. Sollte dieses Wachstum nachhaltig sein, werden mittelfristig Inflation und Zinsen steigen. Dies wird in der Folge die erforderlichen Renditen von Immobilieninvestments steigen lassen.
  2. Ganz grundsätzlich gilt das ewige Gesetz der Korrelation zwischen Risiko und Rendite. Hohe Rendite birgt hohes Risiko und vice versa. Eine Sonderstellung genießen derzeit Spezialimmobilien (wie zB Pflegeheime oder Reha-Kliniken), die relativ hohe Renditen von ca 6,5 Prozent bis 7,5 Prozent bieten und meist ein eher geringes Ertragsausfalls-Risiko, da die Sicherheit der Einnahmen bei entsprechender vertraglicher Gestaltung oft von Land oder Bund gewährleistet wird. Das Nachnutzungsrisiko bleibt allerdings bestehen. Eine Umnutzung ist ggf nur durch hohe Investitionen möglich. Weiters bieten derzeit Logistikimmobilien eine interessante Ertrags-Risiko-Relation, wobei auch hier die Renditen gesunken sind. Sie liegen aktuell je nach Lage, Nutzung und vertraglichen Rahmenbedingungen zwischen 5,75 Prozent und 7 Prozent.

Michael Ehlmaier EHL Immobilien

  1. Die EZB hat auch in ihrer letzten Sitzung nicht an der Zinsschraube gedreht und viele Analysten gehen davon aus, dass uns das gegenwärtige Zinsniveau noch zumindest 2 Jahre erhalten bleiben wird. Parallel dazu ist die Wirtschaft in der Eurozone in Schwung gekommen, was zu einer Belebung der Nachfrage auf Mieterseite führt. Der Zuzug in die Städte und die große Nachfrage nach Wohnraum wird sicherlich auch noch einige Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte anhalten. Insgesamt alles sehr positive Entwicklungen für die Immobilienwirtschaft. Ob bzw. wann eine Trendwende kommen wird, ist derzeit nicht absehbar, jedenfalls erwarten wir dies nicht kurzfristig.
  2. Da Ertrag und Risiko zusammenhängen, muss man für mehr an Rendite immer auch mehr Risiko in Kauf nehmen. Die höchsten Renditen gibt es derzeit wahrscheinlich im Bereich von sog. Konvertierungsimmobilien, die aber in der Regel ein nicht unbeträchtliches Widmungsrisiko aufweisen.

Daniel Jelitzka JP Immobilien

  1. Mit dem Steigen der Zinsen und damit einhergehend wieder attraktiveren Veranlagungsmöglich-keiten auf dem Kapitalmarkt wird unweigerlich die Nachfrage der Investoren nach Immobilien rückläufig sein. Dies wird wohl zu einer Seitwärtsbewegung auf dem Immobilienmarkt führen. Wann die Zinsen wieder steigen werden, ist seriös nicht abschätzbar. Wir glauben, dass sich das Zinsumfeld in den nächsten zwei Jahren nicht wesentlich ändern wird.
  2. Leider gibt es keine hohen Renditen ohne Risiko. Jedoch scheinen die möglichen positiven Rendite-Entwicklungen bei Zinshäusern noch immer am attraktivsten zu sein. Diese Rendite-Entwicklungen sind jedoch leider nicht kalkulierbar und hängen von der Altmieterstruktur des Zinshauses ab. Dieses aleatorische Element lässt sich relativieren, wenn man ein größeres Zinshaus-Portfolio erwirbt oder besitzt. Ein Downside der Rendite ist im Regelfall eher unwahrscheinlich, es sei denn, der Gesetzgeber greift zu Lasten des Investors in das Mietrecht ein.

Miklós Pálffy Deloitte Österreich

  1. Der gewerbliche Immobilienmarkt in Europa erlebt derzeit vor allem im Bereich Büro und Industrie einen erneuten Aufschwung. Ursache für die Ausdehnung des Immobilienzyklus ist neben dem angekurbelten Wirtschaftswachstum auch die damit verbundene Erholung der europäischen Wirtschaft. Eine Erhöhung des Leitzinses durch die EZB wird bei stärkerer wirtschaftlicher Aktivität zwar wahrscheinlicher, derzeit ist jedoch noch keine definitive Ankündigung für die Zinswende erfolgt.
  2. Aus Investmentperspektive stellen Studentenheime eine aufstrebende Assetklasse dar. Insbesondere Deutschland zählt hier zu den attraktivsten Märkten. Verglichen mit Hotels verfügen Studentenheime über höhere Belegungsraten, erwirtschaften höhere Mieterlöse als Wohnobjekte und bieten somit eine attraktive Rendite. Ihr Risikoprofil ähnelt dabei jenem von Wohnimmobilien. Das lässt erfahrungsgemäß auf stabile Erträge über den Konjunkturzyklus schließen.

Michael Pisecky S Real

  1. Das zu veranlagende Volumen, welches auf Grund des Zinsniveaus in Richtung Immobilien-investment drängt, ist riesig. Daher sind fast alle Assetklassen gefragt, vor allem Wohnbau wieder steigend. Dazu kommt, dass Wien auch international in den Fokus gekommen ist. Der Wirtschaftsaufschwung ist eine weitere Triebfeder. Man darf jedoch nicht vergessen, dass die Preise wirklich stark gestiegen sind und dieses Preisniveau nicht nur durch Wirtschaftswachstum und höhere Erträge, sondern auch durch Renditeverzicht ermöglicht wurde. Hier kehren schon ein wenig mehr Realismus, erhöhte Preissensibilität und damit längere Entscheidungswege ein. Damit ist hinkünftig mit einem schwächeren Preisauftrieb zu rechnen.
  2. Mehr Rendite, wenn auch der Abstand kleiner wird, gibt es noch außerhalb der großen Ballungszentren mit der Konsequenz einer geringeren Volatilität. Die Nachfrage ist so breit, was Region und Assetklassen angeht, dass eine hohe Rendite mit geringstem Risiko noch lange ein netter Wunsch bleibt!

Andreas Ridder CBRE GmbH

  1. Die niedrigen Zinsen werden langsam zu steigen beginnen und dann zu einem Ende des Booms führen. Wir rechnen aber nicht mit einem dramatischen Zusammenbruch, sondern ab 2019/2020 mit einem Renditeanstieg bzw. fallenden Preisen.
  2. Für Büros in Bukarest bekommt man noch Renditen zwischen 7,5 und 8 Prozent. Internationale Investoren haben den Bukarester Büromarkt noch nicht wirklich entdeckt, obwohl die Nachfrage dort – insbesondere von internationalen Unternehmen, die nach Osteuropa „offshoren“ oder „nearshoren“ – enorm ist. Und für Mutige ist der Moskauer Büro- und Einzelhandelsmarkt hochinteressant: Die Mieten sind verfallen, der Rubel-Kurs hat sich halbiert und die Renditen sind fast 10 Prozent.

Wolfgang Scheibenpflug Flughafen Wien AG

  1. Österreich bzw. Wien gilt für internationale Investoren weiterhin als sichere Anlageregion. Insbesondere die stabile Marktstrukturen und ein attraktives Lebensumfeld führen – auch bei durchaus niedrigen Renditen – zu einem Nachfrageüberhang. Das limitierte Angebot an investorentauglichen Anlageobjekten wird zu einem verstärkten Ausweichen auf bisher weniger beachtete Assetklassen wie z.B. Logistikimmobilen führen und damit den gegenwärtigen Trend prolongieren.
  2. Die Beantwortung dieser Frage hängt selbstverständlich von den jeweiligen Anlagezielen ab. Es erscheint jedoch lohnend, auch über die klassischen Anlageregionen hinauszublicken und das unmittelbare Umfeld zu den Ballungsräumen wie z.B. die Airport-Region näher zu betrachten.

Matthias Stadler Bürgermeister St. Pölten

  1. In St. Pölten haben wir die Situation, dass der Immobilienmarkt weiterhin einer dynamisch wachsenden Entwicklung unterliegt. Bis vor 10 Jahren wurden ausschließlich geförderte Genossenschaftswohnungen gebaut. In den letzten Jahren wird allerdings der frei finanzierte Wohnbau für die Investoren immer interessanter. Grund für diese Entwicklung sind sicherlich die Rendite-Chancen, die im Vergleich zur Bundeshauptstadt und dem Wiener Speckgürtel, aufgrund des vorherrschenden Preisniveaus – vor allem was die Grundstückspreise betrifft – äußerst positiv sind. Weitere Gründe sind der positive Imagewandel und das nachhaltige Wachstum aufgrund der hohen Lebens- und Wohnqualität der Stadt. Darüber hinaus können wir auch mit unserer Wirtschaftsservicestelle ecopoint konkret auf die Bedürfnisse der Investoren und Bauträger eingehen und gezielte Maßnahmen aufgrund von sich ändernden Marktbedingungen setzen. Grundsätzlich gehen wir bei der Entwicklung der Immobilienwirtschaft davon aus, dass es zukünftig große standortbezogene Unterschiede geben wird. Wir sind davon überzeugt, dass wir in St. Pölten für die zukünftigen Aufgaben gerüstet sind und schon jetzt die Rahmenbedingungen für eine positive Entwicklung des St. Pöltner Immobilienmarktes schaffen konnten.
  2. Der Trend zur Urbanisierung ist aus unserer Sicht ungebrochen. Die Bevölkerung drängt weiterhin in die Ballungszentren, was einerseits den Druck auf den ansässigen Immobilienmarkt erhöht, aber andererseits auch enormes Entwicklungspotential für die Städte verspricht. Im Vergleich zu den Wiener Rand-Bezirken, oder den Umlandgemeinden sind die St. Pöltner Immobilienpreise, vor allem was die Grundstücke betrifft, deutlich geringer. Durch die schnelle Zugverbindung (25 min. zum Wiener Hauptbahnhof) sind die St. PöltnerInnen oft schneller im Zentrum als so manche WienerInnen. Diese Faktoren haben dazu geführt, dass 2015 erstmals mehr WienerInnen nach St. Pölten übersiedelten als umgekehrt. Für den St. Pöltner Immobilienmarkt ist der Effekt aus solchen Entwicklungen, dass sich Berufsgruppen mit höherem Lohnniveau in der Stadt ansiedeln, was wiederum zu einer erhöhten Nachfrage an höherklassigen und exklusiven Wohnungen verstärkt.

Vcelouch Peter & Manfred Ton Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH

  1. Derzeit sieht es tatsächlich nach einem Boom ohne Ende aus. Eine signifikante Zinserhöhung ist gegenwärtig nicht in Sicht, weshalb sich Immobilieninvestments trotz sinkender Renditen weiterhin großer Beliebtheit erfreuen. Die Nachfrage übersteigt – zumindest in den Kernassetklassen Büro, Wohnen und Retail – nach wie vor das Angebot an interessanten Immobilien. In jüngerer Vergangenheit hat sich auch das studentische Wohnen als neue attraktive Assetklasse etabliert.
  2. Retailobjekte erweisen sich als Assetklasse mit nach wie vor höheren Renditen. Risken sehen wir hier vor allem in der mangelnden Vorhersehbarkeit des politischen und gesetzgeberischen Gestaltungswillens im Bereich des Mietrechts. Auch der Onlinehandel wird bei der Entwicklung von Retailimmobilien sowie wirtschaftlich und rechtlich, etwa bei der Vertragsgestaltung, verstärkt zu berücksichtigen sein. Als weitere renditestarke Assetklasse erleben wir aktuell das studentische Wohnen. Marktsättigung scheint hier noch nicht erreicht zu sein.
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Ernst Vejdovszky S IMMO AG

  1. Immobilienzyklen können in den verschiedenen Segmenten und Märkten sehr unterschiedlich sein. Klar ist, dass es aktuell einige Märkte – wie zum Beispiel Wohnen in Wien und Berlin – gibt, die schon sehr hochpreisig sind. In diesen Bereichen halten wir Zukäufe aktuell nicht für sinnvoll. Gleichzeitig sind die Immobilienmärkte so groß und vielschichtig, dass man immer Segmente und Regionen finden wird, in denen sich Investitionen noch lohnen.
  2. Wir konzentrieren uns auf größere deutsche Städte wie zum Beispiel Leipzig, aber auch Rostock oder Kiel. Hier können wir noch zu attraktiven Preisen und in sehr guten Lagen zukaufen – außerdem wächst sowohl die Bevölkerung als auch die Wirtschaft. Das aktuelle Mietniveau ist relativ niedrig, so dass einerseits die Renditenerwartung langfristig stabil bzw. steigend ist und gleichzeitig auch kein politischer Gegenwind zu befürchten ist.

Hans-Peter Weiss Bundesimmobiliengesellschaft BIG

  1. Die Konjunktur läuft gut. Das Wirtschaftsklima ist überwiegend freundlich. Ich gehe daher von einer mittelfristigen Anhebung der Leitzinsen auch in Europa aus. Aus meiner Sicht gibt es aber dadurch – zumindest in Österreich oder Deutschland – keine fundmentalen Einschnitte bei bestimmten Immobiliensegmenten. Grundsätzlich bestehen aber große regionale Unterschiede, die individuell zu bewerten sind. Zu erwartende Zinsschritte der EZB werden die Attraktivität von Immobilien nur bedingt beeinträchtigen. Die Immobilie bleibt in naher Zukunft jedenfalls der sichere Hafen für Anleger. Allerdings verschieben sich die Prioritäten der Investoren und andere Assetklassen, wie beispielsweise Büros, gewinnen wieder an Attraktivität.
  2. Das ist die Gretchenfrage jedes Investors. Jeder, der glaubt auf diese Frage Antworten zu kennen, wird sie vermutlich nicht preisgeben. Aber eines ist klar: Es gibt keine hohen Renditen ohne das damit verbundene Risiko. Oft stehen derzeit die erzielbaren Renditen sogar in keiner Relation zum eingesetzten Risiko.
Quelle: EHL
Quelle: cityfoto
Quelle: CBRE