Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser

Neulich bei der Bank: Ein Beratungsgespräch zum Thema Immobilienfinanzierung. Die große Überraschung: Der Zinssatz. Bei 50 Prozent Eigenmittelanteil kommt die Finanzierung auf 1,5 Prozent effektive Zinsbelastung pro Jahr, sagt die freundliche Bankberaterin.

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Neulich bei der Bank: Ein Beratungsgespräch zum Thema Immobilienfinanzierung. Die große Überraschung: Der Zinssatz. Bei 50 Prozent Eigenmittelanteil kommt die Finanzierung auf 1,5 Prozent effektive Zinsbelastung pro Jahr, sagt die freundliche Bankberaterin. Wie kann das sein, fragt man sich als erfahrener Bankkunde und geübter Leser der Wirtschaftsberichterstattung – liegt doch die offizielle Inflationsrate in Österreich aktuell bei rund zwei Prozent. Wo macht die Bank bei solchen Konditionen ein Geschäft? Die Erklärung findet sich auch in den Wirtschaftsnachrichten, allerdings zwischen den Zeilen versteckt: Erstens ist es für die Bank besser, wenn der Kunde sein Geld nicht am Konto liegen lässt, sondern investiert – ansonsten müsste die Bank ja Zinsen zahlen und so bekommt sie selbst welche. Zweitens sind Banken durch die Politik in höchstem Maße dazu angehalten, Kredite zu vergeben – und einen sichereren Kredit als eine hypothekarisch besicherte Immobilienfinanzierung gibt es derzeit wohl nicht.

Für Immobilieninvestoren bedeutet das: Sie können sich glücklich schätzen, denn sie leben in goldenen Zeiten – wer jetzt nicht in Immobilien investiert, verpasst die Chance seines Lebens. In 100 Jahren werden Historiker auf unsere Dekade zurückblicken und sie als jene bezeichnen, wo der Grundstein für so manche Vermögen gelegt wurde. Denn mit Kreditzinsen unter der Inflationsrate oder als Alternative zu den üblichen 0,185 Prozent Guthabenzinsen (minus KESt!) rechnet sich ziemlich jede Immobilienanlage. Als Anleger, der sein Kapital (ob vom Sparbuch abgehoben oder von der Bank geliehen) in vier Wände einbetoniert, ist man für Jahrzehnte auf der sicheren Seite – die Enkerln werden’s danken.

Aber – und hier kommt das Aber! – gerade weil Immobilienanlagen derzeit so attraktiv sind, muss man sich mit ihnen heute genauer denn je beschäftigen und jedes kleinste Detail des Investments prüfen. Die Entscheidung für die Geldanlage in das vielzitierte „Betongold“ ist erst der Anfang: Immobilien gibt es in vielen Darreichungsformen, von der Immo-Aktie bis hin zur direkten Beteiligung an einem Immobilienunternehmen; und jede Anlageklasse und jedes Anlageprodukt hat ihre ganz eigenen Vor- und Nachteile, die es vor dem Investment genau abzuwägen gilt. Dazu kommen, vorsichtig formuliert, „externe Risikofaktoren“: Heute sind auf dem österreichischen Immobilienmarkt gefühlt mehr Glücksritter unterwegs als in Florida oder Moskau vor dem großen Crash 2008. Natürlich gibt es in Österreich keine Immobilienblase, die zu platzen droht, und nicht nur weil das Zinsniveau tief und die Nachfrage hoch ist – die Rahmenbedingungen schließen große Pendelbewegungen wie im angelsächsischen und osteuropäischen Raum aus, wobei interessanterweise genau jene Reglementierungen, die viele Anleger heute als Korsett empfinden, als Sicherheitspolster wirken werden, wenn sich der Markt mal abkühlen sollte. Doch hier ein Rat an alle Immobilieninvestoren und an jene, die es werden wollen: Lesen Sie das Kleingedruckte genau – und bestehen Sie auf vollkommene Transparenz! Wer etwas zu verschweigen hat, hat meistens Dreck am Stecken.