Wie weiblich wird die Digitalisierung der Immobilienbranche?

Jede einzelne Branche ist aufgefordert, sich mit der Digitalisierung zu beschäftigen, denn sie wird immer stärkere Auswirkungen auf alle Lebensbereiche haben, natürlich auch auf die Immobilienbranche. Das tut sie auch jetzt schon.

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Jede einzelne Branche ist aufgefordert, sich mit der Digitalisierung zu beschäftigen, denn sie wird immer stärkere Auswirkungen auf alle Lebensbereiche haben, natürlich auch auf die Immobilienbranche. Das tut sie auch jetzt schon. Wie viele andere Kommentatoren sehe auch ich sowohl die großen Chancen, die der digitale Fortschritt für uns bringen wird, als auch die Risiken. Und beide – Chancen und Risiken – sind aktuell noch weder eindeutig männlich noch eindeutig weiblich geprägt. Im Wohnimmobilienbereich gibt es drei große Komplexe, die meiner Ansicht nach maßgeblich von der Digitalisierung beeinflusst werden: Die Digitalisierung der Baustelle, des Wohnobjekts bzw. der Wohnung selbst und digitale Umbrüche im Vertrieb.

In der Projektentwicklung können durch neue Planungs- und Bausoftware Abläufe effizienter gestaltet werden. Durch neue Technologien wie den 3D-Drucker werden wir auch schon bald hierzulande einzelne Bauteile viel kostengünstiger herstellen können, weshalb ich mir durch die Digitalisierung der Baustelle langfristig niedrigere Baukosten erwarte, was allgemein als positiv anzusehen ist. Die Wohnung an sich wird smart – hier muss der Bauträger die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass in Zukunft Mieter und Eigentümer auf intelligente Haustechnik zählen können, Heizung, Licht und Elektrogeräte mitdenken, sich per Smartphone aus der Ferne steuern lassen, dabei aber trotzdem sicher bleiben und nicht von Cyberkriminellen angreifbar sind. Ja, der Kühlschrank wird in Zukunft selbst das Essen bestellen, aber gleichzeitig muss man als Immobilienprofi auch auf Kunden vorbereitet sein, die von alledem nichts wissen und einfach wohnen möchten – ohne in jeder Lebenslage in den eigenen vier Wänden von Technik beeinflusst zu werden. Digitalisierungsverweigerer werden mit der steigenden Digitalisierung ebenfalls zunehmen. Im Vertrieb werden die Auswirkungen besonders spürbar sein. Die jetzt schon äußerst mächtigen Immobilienplattformen werden noch weiter wachsen, durch Virtual Reality werden Wohnungsbesichtigungen abnehmen, der Erstkontakt mit der neuen Traumwohnung findet über die Datenbrille statt. Das hat – bereits jetzt schon – den großen Vorteil, Projekte, die sich noch im Planungsstadium befinden, noch besser bewerben und vom Plan weg verkaufen zu können. Die Nachteile all dieser Errungenschaften: Arbeitsplätze werden verloren gehen. Was aktuell bereits im Bankensektor stattfindet, kann sich auch auf gewisse Bereiche der Immobilienwirtschaft auswirken. Der digitale Makler ist eine Gefahr für den Makler aus Fleisch und Blut. Insgesamt gilt: Vom digitalen Jobverlust sind Frauen ähnlich stark bedroht wie männliche Kollegen. Bei der Kreation neuer Jobs liegen Männer aktuell noch leicht im Vorteil. Warum? Die durch die digitale Revolution neu entstehenden oder bereits heute boomenden Stellen – Programmierer, Webdesigner, Techniker – sind stark männlich geprägt. Frauen können und müssen hier aufholen. Die Jobs, die aktuell verloren gehen – Stichwort Bankbeamte – sind aktuell noch unter den Geschlechtern gemischt verteilt und könnten in Zukunft beide Geschlechter hart treffen. Beispiel: Durch die jetzt schon verbreiteten automatischen Supermarktkassen werden hauptsächlich weibliche Supermarktkassiererinnen obsolet. Das selbstfahrende Auto könnte die gesamte Taxibranche auflösen – hier gibt es mehr Männer, die aktuell hinter dem Lenkrad sitzen. Also ein Ex-aequo-Schicksal.

In der Immobilienbranche ist dies noch alles sehr offen und wir Frauen haben die Möglichkeit – mehr als in anderen Branchen – den digitalen Wandel früh aktiv mitzugestalten. Durch die Langfristigkeit und die teils jahrelange oder jahrzehntelange Planung in der Immobilienbranche ist bei uns eine alles aufwühlende Disruption von heute auf morgen eher unwahrscheinlich. Der Prozess wird schleichend eintreten und einen Masterplan für die digitale Immobilienwirtschaft haben auch unsere männlichen Kollegen noch nicht.

Nehmen wir es daher selbst in die Hand – interessieren wir uns nicht nur als Nutzerinnen für die Digitalisierung, sondern lassen Sie uns gemeinsam Konzepte für unsere Branche entwickeln. Sorgen wir alle zusammen dafür, dass die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft weiblich wird.