„Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“

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„Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“ Mikro-Appartements boomen. Nahezu jeder Immobilienentwickler hat diese Kleinstwohnungen im Angebot. Ganz klar: Für Investoren eine lohnende Sache. Sind doch diese Mikro-Appartements zwischen 23 und 30 Quadratmeter pro Wohnungseinheiten schon ab einem Verkaufspreis von 73.000 Euro oder einer Miete (inklusive Küche, Heiz- und Betriebskosten) ab 380 Euro zu haben. Das sind immerhin knapp unter 3200 Euro Kaufpreis pro Quadratmeter bzw. stolze 16,5 Euro pro Quadratmeter Miete. Sieht so leistbares Wohnen aus? „Sie sind nicht nur erschwinglich, sondern erfreuen sich auch einer großen Nachfrage“, heißt es dazu in einer Aussendung eines Entwicklers. Auch klar: Bei den kleinsten aller Wohnungen lassen sich Renditen erzielen, die bei großen Wohnungen aufgrund der hohen Preise nicht erzielt werden können. Aus Sicht der Investoren ein logischer Schritt. Eine in meinen Augen bedenkliche Entwicklung. Für Familien wird anscheinend nichts mehr gebaut. Für eine 5-köpfige Familie mit zwei Hunden, wie die meine, bietet der Markt kaum etwas. Leistbares Wohnen für Familien? Fehlanzeige. Zugegeben: Zwei Hunde muss eine Familie nicht unbedingt haben. Und die selbe Frau seit dem Bezug ist im 30. Jahr auch etwas außergewöhnlich. Da meine persönliche Situation kein Maßstab ist, habe ich schon verstanden, dass es einen Bedarf an Single-Wohnungen gibt. Die Scheidungsrate ist hoch, wie ich aus meinem persönlichen Umfeld weiß. Langsam schwappt auch ein Phänomen aus London auf den Kontinent. Dort leben selbst sehr gut verdienende Führungskräfte in Mikro-Appartements oder Manager-WGs, weil sie sich eine Bleibe mit ihrer Familie in der Stadt nicht mehr leisten können oder wollen. Die Familie selbst wohnt am Land. Es lebe die Wochenendbeziehung. Eine gesellschaftspolitische Entwicklung, die wohl von niemanden positiv bewertet wird. Mikro-Appartements mit 30 Quadratmeter erinnern mich an ein Zimmer in einer Studenten-WG. Das mag als erster Schritt weg von Hotel Mama in die Selbständigkeit reichen - aber für längere Zeit? Es geht längst nicht mehr nur darum Beruf und Familie besser vereinbar zu machen. Wir brauchen auch Lösungen die Familie & Wohnen (wieder) vereinbar zu machen. „Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“