Zinsen-Schnäppchenjagd

Fixzinskredite im Vormarsch. Diese Botschaft ist - so scheint es - bei den Kreditnehmern angekommen. Denn die Zinsen werden steigen – das ist sicher. Doch wann, das wissen die Götter.

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Fixzinskredite im Vormarsch. Diese Botschaft ist - so scheint es - bei den Kreditnehmern angekommen. Denn die Zinsen werden steigen – das ist sicher. Doch wann, das wissen die Götter.

Stefan Kerschbaumer, Wealth Advisory - Financial Planning & Specific Investments Schoellerbank AG, ist der Meinung: „Eines scheint klar: Irgendwann werden die Zinsen wieder steigen. Die Frage ist nur, wann und in welchem Ausmaß. Wer jetzt einen Kredit mit fixen Zinsen abschließt, der zahlt zunächst einen Wert, der über dem aktuellen variablen Zinssatz liegt. Ein variabler Kredit hat neben der aktuell sehr geringen Zinsbelastung noch einen weiteren Vorteil: Vorzeitige (Teil-)Tilgungen sind ohne Weiteres und in jeder Höhe möglich.“ Aber, so gibt der Finanzexperte zu bedenken: „Die monatlichen Raten des variablen Kredits steigen, wenn der zugrunde liegende Indikator steigt. Gemäß den Vereinbarungen werden – in gewissen zeitlichen Abständen, meist quartalsweise – die Ratenzahlungen angepasst. Ein schnelles, sehr starkes Ansteigen des 3-Monats-Euribor hätte daher für die Kreditnehmer eine unmittelbare Auswirkung auf die Ratenhöhe. Dies sollte bei der Wahl der Höhe und Laufzeit des Kredites unbedingt einkalkuliert werden.“

Zinssteigerungen gelassen entgegensehen

Wer sich über einen Fixzinskredit das historisch tiefe Niveau sichert, hat demgegenüber den Vorteil, den zukünftigen Zinssteigerungen gelassen entgegensehen zu können. Damit ist garantiert, dass im Zeitraum der Zinssicherung die Raten nicht steigen. Es ergibt sich somit ein fixer und damit planbarer Rückzahlungsverlauf.

Je länger der Zinsbindungszeitraum, desto höher ist der Aufschlag auf den aktuellen Zins. Es wird jetzt eine „Prämie“ bezahlt, die einen in der Zukunft vor höheren Zahlungen schützt. Gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld ist es ein wenig schmerzlich, „freiwillig“ mehr zu bezahlen, als bei variabler Verzinsung notwendig wäre. Zu verlockend sind wohl oft die geringen Zinsen bzw. Raten und die Hoffnung, dass diese noch für längere Zeit auf diesem Niveau verbleiben.

Doch wo gibt es die besten Konditionen? „Wenn sich Menschen verschulden, um sich ihren Wohntraum erfüllen zu können, sollen sie frühzeitig ein Gefühl dafür entwickeln, mit welchen regelmäßigen finanziellen Belastungen sie zu rechnen haben. Wir wollen, dass der Markt für Wohnkredite für Otto Normalverbraucher transparenter wird. Dabei geht es nicht um die Abbildung einer Standardkondition, die für jeden Kreditfall zutrifft, sondern um das Aufzeigen von laufenden Entwicklungen und auch Preistrends“, so Christoph Kirchmair, Infina Credit Broker-Geschäftsführer. Als allgemeine Orientierungshilfe für die gefühlten Kosten besicherter Wohnkredite wurde der INFINA-Kredit-Indikator (IKI) entwickelt.

Grundlage für den Kreditindikator sind die Daten von zwölf regionalen und überregionalen Kreditinstituten, aus denen dann die Höhe der monatlichen Raten abgeleitet wird. Der Infina-Kredit-Indikator wird quartalsweise jeweils zum Beginn des ersten Monats eines Quartals publiziert. Der nächste Kreditindikator wird Anfang Oktober 2017 veröffentlicht. Aufgrund dieses Wettbewerbs resultierte im 2. Quartal lediglich eine marginale Verteuerung des durchschnittlichen Nominalzinses für 10jährige Fixzinsbindungen von 2,073 auf 2,104 Prozent. Fixzinsbindungen sichern nämlich Banken über längere Zeiträume kalkulierbare Zinseinnahmen auf relativ hohem Niveau. Auf der anderen Seite profitieren Kreditkunden, denn am langen Ende haben wir das Zinsentief offensichtlich hinter uns. Und im langjährigen Vergleich sind Fixzinsbindungen noch immer sehr günstig und Zinsrisiken können durch Kreditnehmer damit ausgeschaltet werden. Bei den 10jährigen Fixzinsbindungen standen sechs Erhöhungen zwei Konditionssenkungen gegenüber, während vier Institute die Zinsen unverändert ließen. Bei guter Bonität lagen zuletzt die „Standardkonditionen“ bei 2,125 bzw. 2,25 Prozent p.a. Allerdings bietet ein Kreditinstitut bei Top-Bonität 10jährige Fixzinskredite ab 1,50 Prozent p.a. an.

Zinslandschaft ist in Bewegung gekommen

Doch die Zinslandschaft ist nach den OGH-Urteilen zur Weitergabe von Negativzinsen im Indikator in Bewegung gekommen. Das lässt sich nämlich an der aktuellen Neukonditionsgestaltung der Banken erkennen.  Dass Fixzinskredite dabei forciert werden, ist weitgehend bekannt. Zusätzlich vergünstigend auf die Fixzinskonditionen wirken die erneut rückläufigen EUR-Swapzinssätze. Die große Zinswende traut der EZB derzeit niemand zu. Das erscheint angesichts einer Inflationsrate von 1,3 Prozent, weiterer Leerkapazitäten am Arbeitsmarkt und des starken Euro zu wichtigen Exportabrechnungswährungen auch plausibel. Deshalb ist beispielsweise der für 10jährige Fixzinsbindungen relevante 10-Jahres-EUR-Swapzinssatz binnen weniger Wochen um fast 0,2 Prozentpunkte zurückgegangen. Das gibt Banken Spielraum, mit günstigen Fixzins-Kreditangeboten zu locken.

Zinsvorteile lukrieren 

Bei den variabel verzinsten Krediten gibt es indessen zwei Extreme: Manche Banken haben diese faktisch aus dem Sortiment verbannt und verlangen beispielsweise bis zu drei Prozentpunkte Aufschlag bei längeren Laufzeiten. Von einer Regionalbank hingegen ist bekannt geworden, dass sie beispielsweise mit einem Prozentpunkt Aufschlag auf den 3-Monats-Euribor nun erst recht mit aggressiven Konditionen in den Markt geht. Wie lange diese gültig sind, bleibt abzuwarten. Es ist davon auszugehen, dass Banken einige „Testballons“ im Markt haben. Wohin die Konditionstrends dann endgültig gehen, wird sich bis Oktober herauskristallisieren.

Bis dahin gilt das Motto vom Lotto: „Alles ist möglich“. Daraus ergeben sich Sonderchancen für genau jene Neukreditnehmer, die in den kommenden Wochen ihre Finanzierungen über die Bühne bringen wollen. Um der Schnelllebigkeit des aktuellen Kreditmarktes gerecht zu werden, ist professionelle Unterstützung erforderlich. Alleine ist der einzelne Kreditinteressent beim Angebotsvergleich überfordert. Hingegen ungebundene Wohnbau-Finanz-Experten behalten den Marktüberblick und sie wissen, wo gerade die besten Sonderangebote zu finden sind. Oft entscheiden da wenige Tage über Konditionsunterschiede von bis zu 0,5 Prozentpunkten p.a., was über die gesamte Kreditlaufzeit einer Summe von bis zu 10.000 Euro entsprechen kann. Übrigens: Auch Umschuldungen alter Finanzierungen können in diesem Umfeld vorteilhaft sein.

Wie aber kommentieren die Banken das derzeitige Umfeld? „Wir sind dabei, die Details der aktuellen OGH-Entscheidung zu prüfen. Wie wir weiter vorgehen, wird jedoch vom Ausgang der noch offenen Verfahren abhängen. Hier erwarten wir die maßgeblichen Entscheidungen in den nächsten Wochen. Wir machen jedoch generell keine Ankündigungen zur zukünftigen Konditionenpolitik“, heißt es dazu auf Anfrage aus der Raiffeisenlandesbank Wien Niederösterreich.

In der Erste Group geht man davon aus, dass die ersten Leitzinserhöhungen frühestens Ende 2018 anstehen werden. Als Konsequenz der OGH-Urteile werde die Tendenz jetzt sicher noch stärker Richtung Fixzinskredite gehen. Schon heute sei der Anteil hoch: „Mehr als 8 von 10 neuen Wohnbaukrediten werden mit fixen Zinsen abgeschlossen“, heißt es dazu aus der ERSTE BANK. Die BAWAG PSK sieht ebenfalls keinen Grund zu handeln. „Wir haben bereits in der Vergangenheit negative Euribor-Zinssätze an unsere Kunden weitergegeben. Daher werden wir auch in der Zukunft bei unserer Preispolitik nichts ändern.“ Aktuell werde den Kunden eine Zinsgleitklausel mit Cap und Floor angeboten. „Kunden sind somit auch bei steigenden Zinsen, ähnlich dem Bauspardarlehen abgesichert.“ Dass man bei den variabel verzinsten Neukrediten bei den Kreditkonditionen wahrscheinlich anpassen wird müssen, steht für Wolfgang Kirschner von der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich außer Frage. Der Grund dafür sind die Urteile des Obersten Gerichtshofs, dass die Banken bei der Berechnung der Kreditkondition einen negativen Indikatorwert berücksichtigen müssen. Diese für den Kunden auf den ersten Blick gute Nachricht, wird sich somit relativieren. Derzeit warte man noch ein Urteil des Obersten Gerichtshofes gegen eine Bank ab, bevor Maßnahmen umgesetzt werden.

„Die Finanzierung“, so Christian Noisternig, Bereichsvorstand Privatkunden, Geschäftskunden und Freie Berufe in der UniCredit Bank Austria „von Bau- und Wohnvorhaben ist im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld noch immer ausgesprochen günstig. Sowohl mit variablen Konditionen als auch durch den Abschluss von Fixzinsvereinbarungen, um sich das aktuell sehr niedrige Zinsniveau auch für die Zukunft abzusichern.“ „Aufgrund der extrem günstigen Konditionen werden gemessen am Volumen rund drei Viertel aller Hypothekarkredite als Fixzinskredite und nur rund ein Viertel variabel verzinst vergeben“, so Christian Noisternig, Bereichsvorstand Privatkunden, Geschäftskunden und Freie Berufe in der UniCredit Bank Austria. Welche Finanzierungsform man wähle, sei persönliche Entscheidung, aber angesichts des Niedrigzinsumfelds sei man mit einer Fixzinsvereinbarung gut beraten. „Wir bieten Fixzinsangebote auf 5, 10 oder 15 Jahre an. Wir bieten in der Finanzierung Nominalzinssätze variabel ab 1 Prozent, fix auf 10 Jahre ab 1,75 Prozent und fix ab 15 Jahre ab 2,125 Prozent an.“ Angesichts der Konditionen also kein Wunder, dass „… die Nachfrage nach Krediten für Bau- und Wohnvorhaben im ersten Halbjahr 2017 um gut ein Viertel stark angestiegen ist. Auch Hypo NÖ Vertriebsvorstand Wolfgang Viehauser ist sich sicher, dass die Zinsen steigen werden. Viehauser ist überzeugt, dass die Zinsen schneller und stärker steigen werden, als sie gesunken sind. „Das wäre kein Problem, wenn die Europäische Zentralbank auf den Tisch legen würde, welche Parameter letztendlich entscheidend für das Anheben der Leitzinsen sind.“ Doch leider hält sich die EZB diesbezüglich bedeckt. „Hier fehlt es einfach an Transparenz“.