Positionen & Meinungen ESG Dauerbrenner ESG

„Alle Unternehmen werden sich mit diesem Thema auseinandersetzen müssen“, sind Karin Fuhrmann und Gerald Kerbl überzeugt.

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Dauerbrenner ESG

ESG – ein Thema, das uns die nächsten Jahre und Jahrzehnte begleiten wird. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen: Kein Problem. E haben wird durch Zertifikate erledigt. Wenn wir uns an die Gesetze halten, dann sind S und G auch erledigt. Ist es so einfach?

Karin Fuhrmann: Ein wenig mehr ist es schon. Das E steht für Environmental. ESG ist ein spannendes Thema. Aber zugegeben, selbst für mich waren das vor zwei Jahren auch nur drei Buchstaben.

Wenn man sich aber mit dem Thema ernsthaft auseinandersetzt und sich im Detail damit beschäftigt, dann hat es für Unternehmen strategisch einen wirklich großen Mehrwert. Am Ende des Tages möglicherweise auch mit weniger Aufwand als manche glauben. Da geht es auch um, auf den ersten Blick, Kleinigkeiten. Müll einsparen kann man nur, wenn man auch weiß, wieviel Müll man produziert. Wir haben es auch nicht gewusst. Wir fangen jetzt an, unseren Abfall zu wiegen. Es geht aber auch darum, sich als attraktiver Arbeitergeber zu positionieren. Das Thema ist gekommen, um zu bleiben. Hundertprozentig. In meinen Augen ausnahmsweise einmal eine Berichtspflicht, die einen Mehrwert hat.

Viele Immobilienmanager, so hat es den Eindruck, fokussieren sich in der ESG-Debatte mehr auf ihre Immobilien als auf ihr Unternehmen.

Gerald Kerbl: Da würde ich jetzt mit einem klaren JEIN antworten. Die großen Unternehmen, die börsenotierten, haben das Thema durchaus im Griff. Sie bearbeiten nicht nur ihre Immobilien, sondern setzen sich in weiterer Folge auch mit dem S und G sehr detailliert auseinander. Hier werden die EU-Taxonomie-Bestimmungen von Anfang an ernst genommen. Aus dem Nachhaltigkeits-Manager wird jetzt der ESG-Manager.

Fuhrmann: Im Frühjahr hat die Europäische Kommission den Entwurf einer Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), veröffentlicht. Im Vergleich zur bisherigen EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (Non-Financial Reporting Directive) sieht dieser Entwurf eine Ausweitung der berichtspflichtigen Unternehmen vor und zielt vor allem auf eine Erhöhung der Transparenz ab. Diese sind bis 1. Dezember 2022 in nationales Recht umzusetzen. Diese Berichtspflicht trifft in erster Linie Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, mehr als 40 Millionen Euro Umsatz oder 20 Millionen Euro Bilanzvolumen.

Kerbl: ESG zielt nicht auf die Immobilien, sondern auf die Unternehmen ab. In der Immobilienbranche sind vor allem Immobilienfonds als Alternative Investmentfonds (AlF) von der neuen EU-Taxonomie- oder OGAW-Richtlinie betroffen. In dieser Verordnung sind sechs Ziele genannt. Für die ersten beiden Ziele — Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel — veröffentlichte die Kommission bereits einen ersten Entwurf von Bewertungskriterien. Der Rest wird folgen. Alle Unternehmen werden sich mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Die Banken haben bereits reagiert und fragen bereits die ESG-Kriterien ab. In Wirklichkeit werden aber oft nur die ESG-Headlines abgefragt. Was ist eure ESC-Strategie? Und so weiter, und so fort. Wir befinden uns alle – wirklich alle – in einem Lernprozess.

Der sich auszahlen könnte. Unternehmen mit gutem ESG-Rating werden bessere Kreditkonditionen bekommen. Die Rede ist von bis zu 25 Basispunkten Unterschied.

Kerbl: Bei 25 Basispunkten Differenz zahlt es sich schon aus, sich mit dem Thema profesionell auseinanderzusetzen.

Fuhrmann: Wir haben uns die Roadmap angesehen. Da gibt es eine Fülle an Verordnungen und Richtlinien, die die ESG-Aspekte antizipieren. Es gibt aktuell so viele unterschiedliche, aber doch natürlich immer auf das Thema getrimmte und vernetzte Regularien, dass es echt schwer ist, einen wirklich guten, sauberen, taggenauen Überblick zu haben. Da ist im Moment noch viel in Bewegung. Ein Thema mit dem man sich intensiv auseinandersetzen muss – und hier nicht nur die großen Unternehmen. Gerade im Bereich Klima ist auch jeder private Immobilienbesitzer betroffen. 

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