Positionen & Meinungen Bis 2040 wollen wir eine ausgeglichene CO2-Bilanz

Daniel Reisenberger, Geschäftsführer von Schindler Österreich im Interview über Technologie, Energieeffizienz, Materialengpässe und Umweltthemen.

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Bis 2040 wollen wir eine ausgeglichene CO2-Bilanz

Der Herbst zeigt sich turbulent ...

Die Situation bleibt durch die Preisvolatilität herausfordernd. Die Verknappung von Halbleitern und Rohstoffen führt bei vielen Komponenten zu Preissteigerungen. Schindler selbst verzeichnet aber eine stabile Auftragslage und liefert in time. Das Gute im Schlechten: Der Bereich Energieeffizienz gewinnt enorm an Fahrt!

Effizienz und Transparenz wünschen sich unsere Kunden auch beim vernetzten und abrufen ihrer Daten. Mit Schindler Linea300Smart wurde eine smarte Informations- und Kommunikationslösung konzipiert, die nahtlos in das Bedientableau integriert werden kann. Für eine rasche und reibungslose Wartung werden laufend unsere Schnittstellen verbessert. Sobald wir eine kleinste Abweichung erkennen, werden die Symptome online korrigiert, bevor noch eine erkennbare Störung auftritt. Der Aufzug selbst wird via Screens zum individuellen, multimedialen Content-Raum. Mit Schindler PORT 4D haben wir jetzt ein Verkehrsmanagementsystem für Büro- und Wohngebäude entwickelt: ein digitaler Assistent erkennt unsere Bedürfnisse und geleitet sicher zum Ziel. Die Gebäude-Zugangskontrollen werden nahtlos in das Sicherheitssystem integriert.

Kommen neue Materialien zum Einsatz? Wenn ja, welche und warum?

Wir haben im Oktober 2020 unsere neueste Aufzugsgeneration in Österreich vorgestellt. Energierückgewinnung, leichtere Bauteile, stromsparende LED-Lampen und ein Stand-by-Modus bei Nichtbenutzung sind zentrale Features für einen nachhaltigen, sparsamen Energieverbrauch. Mittels Rekuperation wird bei Abwärtsfahrten mit Hilfe eines Frequenzumrichters die kinetische Energie in Strom umgewandelt. Seit 2020 werden alle Aufzüge der neuen Generation mit dieser Technik ausgeliefert. Auch unser Verkehrsmanagementsystem Schindler PORT hilft beim Energiesparen, indem Aufzüge optimal eingesetzt und Leerfahrten verhindert werden.

Wie steht es derzeit um das Thema Material- bzw. Ersatzteillieferungen?

Herausfordernd, die Ersatzteilverfügbarkeit wurde zum essenziellen Faktor. Durch die Produktion und Lagerkapazitäten in der Slowakei kann Schindler dennoch kurze Lieferzeiten als auch die Verfügbarkeit von Ersatzteilen garantieren. Der Weltmarkt kämpft weiterhin mit Engpässen bei Halbleiterchips und Rohstoffen und damit mit Preissteigerungen. Die Angebotssituation ist weiter angespannt. Wir setzen aber alles daran, bei Schlüsselherstellern die Verfügbarkeiten sicherzustellen und durch ein leicht eingeschränktes Produktangebot die Lieferfähigkeit im vollen Umfang zu halten.

Wurde substituiert? Gibt es neue Produktionsstätten zb aus Gründen der Lieferbarkeit?

Nein, Schindler Österreich produziert vor den Toren Wiens und profitiert von extrem kurzen Lieferwegen.

Thema Energieeffizienz: Derzeit blicken alle gespannt in den Herbst. Wie steht es bei den Aufzügen um den Einsatz von Energie? Wird weiter an der Energieeffizienz gearbeitet? Gibt es nennenswerte Erfolge?

Es gibt noch viel Einsparpotenzial und es gibt vor allem nennenswerte Erfolge. Das Thema Energieeffizienz gewinnt enorm an Bedeutung – und das ist gut so! Schindler konnte durch die Energierückgewinnung bei Abwärtsfahrten, Zielrufsteuerung und leichtere Fahrkabinen den Energieverbrauch der Aufzüge bereits deutlich reduzieren. Mittels Rekuperation können unsere Aufzüge und Fahrtreppen seit 2020 serienmäßig Energie zurück ins System speisen. Aufzüge und Fahrtreppen werden so zu kleinen Kraftwerken. Je höher das Gebäude und je mehr Masse bewegt wird, desto besser der Effekt. Gerade auf stark frequentierten Plätzen wie dem Wiener Hauptbahnhof, erzeugen die Schindler Fahrtreppen regelmäßig Strom. Unser nächstes Ziel ist eine ausgeglichene CO2-Bilanz. Dafür müssen Lifte und Beförderungen mit selbstproduziertem Strom nutzbar gemacht werden.

Gibt es noch Einsparpotential? Wie hoch ist der Verbrauch einer Liftanlage/pro Liftfahrt?

Firmen, Haushalte und Kommunen können enorm an Energieverbrauch einsparen, wenn Aufzüge und Fahrtreppen für eine Rekuperation adaptiert werden. Verbrauch und Einsparungspotenzial lassen sich immer nur anhand der jeweiligen Personenanzahl, Fahrtgeschwindigkeit und Anzahl der Stockwerke berechnen.

ESG: Inwieweit spielt ESG eine Rolle? Wie verhält es sich bei Zertifizierungen zB ÖGNI, Klimaaktiv etc. – spielen Aufzüge eine Rolle? Gibt es besonders nachhaltige oder sparsame Aufzüge?

Beförderungssysteme spielen in einem Gebäude eine zentrale Rolle dafür, ob die Wege in einem Gebäude funktionieren und ob wir diese Wege mit möglichst wenig Energieverbrauch zurücklegen. Mittels Rekuperation können unsere Aufzüge und Fahrtreppen seit 2020 serienmäßig Energie zurück ins System speisen. Schindler Aufzüge sind daher bereits sehr sparsam im Verbrauch und im besten Fall sogar kleine Kraftwerke, die Strom erzeugen. Wir wollen aber noch mehr. In Kooperation mit dem Schindler Start-up BuildingMinds wird bereits daran gearbeitet, den Ist-Stand der jetzigen Emissionen – von der Vorproduktion bis zum Betrieb – zu messen. Denn nur wer seinen Ausgangspunkt kennt, kann sich ernsthaft Ziele setzen. Wir wollen bis 2040 eine ausgeglichene CO2-Bilanz. Dafür müssen Lifte und Beförderungen mit selbstproduziertem Strom nutzbar gemacht werden. Mittelfristig werden Firmen neben einer Bilanz zum Umsatz- und Vermögensstand eine CO2-Bilanz erstellen. In diese Richtung wird es gehen.

Bevorzugte Personensteuerung: Gibt es hier neue Ideen/Modelle?

Schindler PORT 4D ist die nächste Innovation unserer Technologie und die erste ganzheitliche Lösung für das Transitmanagement in Gebäuden. Aufbauend auf 30 Jahren Erfahrung bietet Schindler PORT 4D ein komplettes Ökosystem von Transit- und Zugangsterminals und leistet damit auch immense Planungsexpertise, um individuelle Kundenwünsche zu verwirklichen. Mit Schindler Ahead ElevateMe kann die Aufzugskabine per Smartphone gerufen und gleich das gewünschte Stockwerk eingegeben werden. Die Schindler Ahead ElevateMe App ist für iOS und Android-Betriebssysteme erhältlich und kann bequem mit dem Aufzugssystem verbunden werden. Die vorhandenen Aufzugstableaus können selbstverständlich wie bisher verwendet werden.

Nach dem großen Bauboom mit vielen Aufträgen – wie sehen die nächsten Jahre aus, wenn aufgrund der hohen Kosten weniger gebaut wird?

Einige Wirtschaftsforscher gehen derzeit von einer Abkühlung der Wirtschaft und damit auch der Inflation aus. Negativfaktoren wie die Inflation, der Krieg in der Ukraine und ein möglicher russischer Gaslieferstopp sind derzeit aber kaum zu prognostizieren. Fest steht, dass die Industrie in einer Wendesituation ist. Auch ohne den Krieg in der Ukraine samt Erdgaskrise muss sich die Industrie und damit auch die Baubranche neu erfinden und die Energiewende bewältigen. In dieser Notwendigkeit liegt – unabhängig von der quartalsweisen Auslastung – eine immense Chance.

Wird vermehrt auf den Ersatz von bestehenden Anlagen gesetzt?

In der Modernisierung einer Anlage liegt enormes Potenzial ohne, dass neuer wertvoller Boden versiegelt wird. Sanierungen schaffen nicht nur Werterhalt und Wertsteigerung, sondern bieten vor allem die Chance, die Immobilie sicherer, lebenswerter, komfortabler und ökonomischer zu gestalten. Ökologie und Ökonomie spielen bei einer gelungenen Sanierung und Revitalisierung zusammen.

Gibt es Innovationen bei Rolltreppen?

Visuell begeistert die LED-Technologie unsere Kunden. Dank des großen Lichtspektrums werden Fahrtreppen zum Hingucker. Auf Knopfdruck werden Standardfarben wie rot, blau und grün oder spezielle Mischfarben ausgewählt und schaffen ein ganz individuelles Erscheinungsbild. Farben schaffen Wirkung und Atmosphäre, ob an stark frequentierten Orten wie dem Stephansplatz oder im exquisiten Hotel. Zum Thema Sicherheit und Hygiene wurde von uns während der Pandemie Schindler UV CleanRail entwickelt. Mittels sterilisierender UV-C Strahlung wird am Handlauf die Ausbreitung von Viren und Bakterien verhindert.

Wenn in Herbst wieder mit vermehrten Coronainfektionen gerechnet werden muss – welche Konzepte kommen in Liftanlagen zum Einsatz?

Schindler bietet bereits zahlreiche Hygiene- und Sicherheitslösungen an, etwa gestengesteuerte Etagentableaus und die myPORT-App, mit der Fahrgäste den Aufzug rufen können. Das kontaktlose Transitmanagementsystem PORT wird von Schindler in die gesamte Produktpalette integriert.

Die CleanMobility Lösungen von Schindler machen die Benützung von Aufzügen und Fahrtreppen absolut hygienisch und sicher. Ultraviolettes Licht desinfiziert dabei die Oberfläche, auf Desinfektionsmittel kann so weitgehend verzichtet werden. Das Handlaufdesinfektionsgerät nutzt UV-Strahlen, um den Handlauf von Fahrtreppen während des Betriebs zu desinfizieren. In Aufzügen desinfiziert und reinigt UV CleanAir mittels UVC-Strahlen und einem speziellen Filter die Kabinenluft in kürzester Zeit während des Normalbetriebs. Bei UV CleanCar wird die Kabine mittels UV-C-Licht desinfiziert. Drei ausfallssichere Sensoren prüfen, dass dieser Vorgang nur erfolgt, wenn keine Fahrgäste in der Kabine sind. All diese Produkte können auch bei bestehenden Anlagen nachgerüstet werden.

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