Positionen & Meinungen Der weite Weg zum seriellen Bauen

Ein Kommentar von Andreas Kreutzer, Geschäftsführer des Beraternetzwerks Fischer & Partner mit Sitz in Wien. Seit nahezu 30 Jahren unterstützt KFP unter anderem Unternehmen bei Marktanalysen und Projekten

von 2 Minuten Lesezeit

Der weite Weg zum seriellen Bauen

Bestandsaufnahme Oktober 2023: Seit 2020 sind die Baupreise im Wohnungs- und Siedlungsbau um 34 Prozent gestiegen. Im selben Zeitraum ist die Anzahl der baugenehmigten Wohnungen in Objektwohngebäuden um die Hälfte gesunken. Im heurigen Jahr wird voraussichtlich nur noch mit dem Bau von rund 30.000 Wohnungen begonnen. 2021 waren es noch 48.000 Wohneinheiten. Im Allgemeinen werden dafür die KIM-Verordnung und die steigenden Zinsen für Wohnbaudarlehen verantwortlich gemacht. Allerdings war die Kreditfinanzierung zuletzt in den Jahren 2007 und 2008 noch kostspieliger als heute. Und eine KIM-Verordnung gibt es etwa in Deutschland nicht, trotzdem bricht auch dort der Wohnungsneubau ein. Bei genauer Betrachtung sind es daher die hohen Baupreise, die die Neubauproduktion lähmen. In beiden Ländern haben sie sich mehr und mehr von der Inflation abgekoppelt. In Österreich erhöhten sich die Baupreise seit 2015 um ein Fünftel rascher als die Verbraucherpreise. Der Grund dafür ist hinlänglich bekannt: Während die Arbeitsproduktivität gesamtwirtschaftlich seit 1995 um rund 40 Prozent stieg, entwickelte sie sich im Bausektor – unter Berücksichtigung höherer technischer Anforderungen – nur seitwärts. Steigende Kosten müssen daher zur Gänze an den Bauherrn weitergegeben werden.

Um 40 Prozent günstiger bauen

Verantwortlich für die Stagnation der Arbeitsproduktivität sind nicht alleine die Bauunternehmen. Auch die Auftraggeber tragen entscheidend dazu bei. Denn Wohngebäude werden in der Regel nach wie vor individuell geplant, von den Behörden „einzeltypisiert“ und danach maßgeschneidert errichtet. Über serielles Bauen wird zwar gerne diskutiert, sehr weit gekommen ist man bislang aber nicht. Selbst auf der „Grünen Wiese“, wo, anders als beim Schließen von Baulücken, planerisch vergleichsweise wenige Restriktionen zu berücksichtigen sind, ist der Prototypenbau omnipräsent. Dabei war man in dieser Hinsicht in den 1970er-Jahren schon weiter. Damals wurden etwa am Stadtrand von Wien im großen Stil identische Gebäude in industrieller Weise hochgezogen. Die Kosten waren beeindruckend niedrig. Würde man zu „Losgrößen“ in ähnlichen Dimensionen zurückkehren, könnte man selbst unter Berücksichtigung der heutigen technischen Standards um gut 40 Prozent günstiger bauen: zum einen infolge der steigenden Produktivität, zum anderen, weil beim Bau von Typenhäusern Bauverfahren stark verkürzt werden könnten. Befürchtungen architektonischer Monotonie sind unbegründet. Wie die nicht realisierten Entwürfe zur Stadtentwicklung in Wien von Otto Wagner zeigen, kann Gleichartigkeit ziemlich reizvoll sein.

Verwandte Artikel