Positionen & Meinungen Droht Enteignung durch Klimaneutralität und Energiewende?

Auf Biegen und Brechen beabsichtigt die EU-Kommission mit einer Novellierung der Gebäuderichtlinie Klimaneutralität und Energiewende zu erzwingen. Warum das gerade für mittelständische Immobilieneigentümer – ob vermietend oder selbst nutzend – zum Problem wird, erklärt Martin Prunbauer, Präsident des ÖHGB.

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Droht Enteignung durch Klimaneutralität und Energiewende?

Auf Biegen und Brechen beabsichtigt die EU-Kommission mit einer Novellierung der Gebäuderichtlinie Klimaneutralität und Energiewende zu erzwingen. Dort, wo historisch wertvolle Kulturgüter stehen, soll es nach den Plänen der EU künftig nur mehr High Tech Gebäude geben. In einem unrealistischen Zeitrahmen soll mit untauglichen Mitteln und unzureichender Finanzierung eine radikale Sanierungswelle in Gang gesetzt werden. Gerade für mittelständische Immobilieneigentümer – ob vermietend oder selbst nutzend – wird das zum Problem.

Bereits ab dem Jahr 2033 müssen alle Wohngebäude zumindest der Effizienzklasse E angehören. EU-weit sind 40 Millionen Gebäude betroffen. Werden die Mindesteffizienzanforderungen innerhalb der vorgegebenen Fristen nicht erreicht, dürfen diese Gebäude nicht mehr benutzt werden.

Diese Maßnahme kommt einer Enteignung gleich. Einem Eigentümer verbliebe oftmals nur mehr Verkauf oder Abriss seiner Immobilie.

Sanierungen sollen sich laut Legislaturvorschlag auf Bestandsgebäude konzentrieren, die eine schlechte Energiebilanz aufweisen. Gerade bei diesen Gebäuden ist eine thermische Sanierung oft unmöglich oder mit einem nicht zumutbaren technischen und finanziellen Aufwand verbunden. Zu bedenken gilt, dass die Umsetzung zu einem erheblichen Teil an fehlenden Alternativen für einen grünen Umstieg und nicht ausreichenden Kapazitäten scheitert.

Dazu einige Beispiele:

Eine effektive thermische Sanierung eines Gründerzeithauses ist oft aufgrund der gegliederten Fassade nicht möglich.

Pelletsheizungen im städtischen Bereich scheitern an den Möglichkeiten einer vernünftigen Bringung und Lagerung.

Investitionen in ein Gasbrennwertgerät als Bestandteil einer hybriden Heizung sind nur dann sinnvoll, wenn langfristig eine Versorgung mit Gas aus erneuerbarer Energie zu erwarten ist. Das steht aber derzeit noch nicht fest.

Ein Einbau einer Wärmepumpe in Althäusern erfordert oftmals eine Kernsanierung, die aufgrund von Kosten und technischem Aufwand in keinerlei Relation zum Wert des Gebäudes steht. Die Umstellung auf erneuerbare, CO 2-freie Energie ist mit den bestehenden Verteilernetzen nicht zu bewerkstelligen. Um CO 2-neutralen Strom zu produzieren, müssten neben den Erzeugungskapazitäten auch die Netze massiv ausgebaut werden.

Mangels ausreichender Kapazitäten nicht fossiler Energieträger müsste auch die Fernwärme auf fossile Brennstoffe wie etwa Gas zurückgreifen.

Die derzeitige Baustoffknappheit, der eklatante Facharbeitermangel und der enorme Preisanstieg, deren Ende nicht absehbar sind, stehen der Umsetzung dieser Vorgaben zusätzlich im Weg.

Zu einem weiteren wesentlichen Bestandteil ihrer Agenda zählt die Kommission „leistbares Wohnen“. Mit einer Steigerung der Energieeffizienz sollen Emissionen gesenkt, Energiearmut bekämpft, die Anfälligkeit der Menschen gegenüber steigenden Energiepreisen verringert sowie die wirtschaftliche Erholung und die Schaffung von Arbeitsplätzen erleichtert werden.

Diese theoretischen Überlegungen erweisen sich in einem Land wie Österreich, dessen mietrechtliches Zwangsregime die weltweit strengsten Regulierungen aufweist, als Dilemma. Hohe Sanierungskosten und niedrige Mieten passen nun einmal nicht zusammen.

Der Entwurf zur EU-Gebäuderichtlinie sieht keine Möglichkeiten für Mietzinserhöhungen oder Finanzierung der Aufwendungen vor. Eigentümer werden gezwungen, ihr Haus oder ihre Wohnung zu sanieren, um die Energiekosten für den Mieter oder die Mieterin der Wohnung zu reduzieren.

Dass die EU Geldmittel zur Verfügung stellen wird, heißt noch lange nicht, dass diese auch nur annähernd ausreichen werden, um Sanierungen im geforderten Ausmaß durchzuführen.

Auch innerstaatliche Unterstützungen sind kein Garant dafür, dass die Umgestaltung des Gebäudebestands für private Haus- und Wohnungseigentümer finanzierbar sein wird. Die aktuelle Situation in Deutschland bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau zeigt, dass auch Förderungen bei staatlichen Eingriffen zu existentiellen Problemen führen können, wenn diese vorzeitig durch Staat eingestellt werden, weil der Fördertopf leer ist.

Wir befinden uns aktuell noch mitten in einer Pandemie, die seit nunmehr fast zwei Jahren wütet, die größte Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst hat und die staatlichen Budgets belastet.

Private VermieterInnen, sind eine der wenigen Personengruppen in Österreich, die in der Pandemie bisher von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ausgeklammert wurden. Viele private VermieterInnen haben im Zuge der Lockdowns einen verringerten Mietzins, unter Umständen sogar einen gänzlichen Mietzinsentfall bei gleichzeitiger Bestreitung laufender Kosten verkraften müssen.

Einnahmen aus der Vermietung sind aufgrund von Preisregulierungen meist überschaubar und lassen nur in engem Rahmen Investitionen zu. Gleichzeitig enthält auch das österreichische Steuerrecht nur wenige Anreize, zu investieren. Das Gegenteil ist der Fall: Die steuerliche Rechtslage hat sich in den letzten zehn Jahren nachteilig auf die Durchführung von Investitionen ausgewirkt.

Umweltschutz ist ein wichtiges Thema und eine klimaneutrale Zukunft das erstrebenswerte Ziel. Für die „Brüsseler Architekten“ dieser EU-Gebäuderichtline wäre allerdings richtiges Augenmaß und weniger Ideologie wünschenswert. Wir brauchen dringend mehr Realitätssinn und Planungssicherheit in der Klimadiskussion, denn nur so werden wir effizient und gemeinsam mit der Bevölkerung Klimaschutzmaßnahmen umsetzen können.

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