Positionen & Meinungen Licht ins Dunkel

Mit dem European Green Deal und dem Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft kommen auf Unternehmen zahlreiche Dokumentationspflichten zu. Die Unternehmen sind gut beraten, diese Dokumentationspflichten als Chance zu verstehen, betont Karin Fuhrmann (TPA Group)

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Licht ins Dunkel

Alle reden von der Umstellung von der linearen Wirtschaft in Richtung Kreislaufwirtschaft. Mir kommt vor, wir kratzen nur an der Oberfläche. Diese Umstellung betrifft auf den ersten Blick viele Rechtsbereiche: Steuerrecht, Haftung, Bewertung… Weiß man schon, was alles so auf uns zukommen wird?

Karin Fuhrmann (TPA-Group): Definitiv nein. In Wahrheit sind wir gerade dabei, Teile davon – zum Beispiel den Green Deal, sozusagen die Klimapolitik – ins Steuerrecht zu implementieren.

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 23 haben wir zum Glück wieder eine erfreuliche Änderung. Ein gutes Beispiel ist der der ökologische Investitionsfreibetrag. Der „normale“ Investitionsfreibetrag beträgt zehn Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Bei Wirtschaftsgütern, die dem Bereich „Ökologisierung“ zuzuordnen sind, erhöht sich der Investitionsfreibetrag um fünf Prozent und beträgt somit 15 Prozent. Durch einen erhöhten Freibetrag für ökologische Investitionen sollen klimafreundliche Maßnahmen einen zusätzlichen Anreiz erhalten. (Welche Investitionen die Kriterien „Ökologisierung“ erfüllen, wurde mit der Öko-IFB-Verordnung festgelegt. Anm.)

Ehrlich gesagt hinkt aber die Steuergesetzgebung der Kreislaufwirtschaft hinterher. Steuerlich gesehen sind wir in der Kreislaufwirtschaft noch gar nicht angekommen. Obwohl das Steuerrecht immer mehr ökologisch ausgerichtet wird, gibt es bisher noch keine spezifischen steuerrechtlichen Regelungen für die Kreislaufwirtschaft.

Wenn wir die Kreislaufwirtshaft in ihrer Gesamtheit betrachten: Wer müsste der Treiber sein?

Eine gute Frage. In erster Linie einmal Interessenvertretungen der Immobilien- und Bauwirtschaft. Die Initiativen müssen aus der Wirtschaft kommen. Bei den Baufirmen tut sich schon einiges. Da geht es im Moment in erster Linie um Baustoffe und die Möglichkeiten der Wiederverwendung. Welche Baustoffe kann ich bei einem Rückbau gewinnen und wiederverwenden? Da scheint aus eigenem Antrieb schon einiges zu passieren.

…was auch dem Rohstoffmangel und den gestörten Lieferketten anzulasten ist…

Das Umdenken wird sich verstärken. Mittelgroße Baufirmen, die die Berichtspflicht definitiv 2025 erwischen wird, sind gut daran beraten, sich auch mit diesen Themen auseinandersetzen. Kreislaufwirtschaft ist nicht nur gut für die Umwelt. Gleichzeitig wird der Carbon-Footprint reduziert, weil Abbruchmaterial beziehungsweise neue Baustoffe nicht durch die Gegend gefahren werden müssen.

Das Europäische Umweltbüro (EEB, European Environmental Bureau) hat im November 2022 einen Bericht zum Konzept der „CircularTaxation“ veröffentlicht. Was versteht man unter CircularTaxation und welche Handlungsoptionen zeigt dieser Bericht auf? Ist er ein dickes Strategie-Papier ohne Inhalt?

Unter CircularTaxation werden Umweltsteuern verstanden, die sich darauf konzentrieren, die Gewinnung, die Produktion und den Verbrauch von Ressourcen zu verringern, materielle Werte zu erhalten und Anreize für die Vermeidung von Abfällen und Verschmutzung zu schaffen. In Österreich gibt es eine Reihe an Umweltsteuern: Energiesteuern (zum Beispiel Mineralölsteuer, Elektrizitätsabgabe), Transportsteuern (zum Beispiel motorbezogene Versicherungssteuer, Normverbrauchsabgabe), Umweltverschmutzungssteuern (zum Beispiel Altlastenbeitrag), Ressourcensteuern (zum Beispiel Jagd- und Fischereiabgabe) sowie ökologisch relevante Zahlungen (zum Beispiel Müll-, Abwasser- und Wassergebühren). Seit Oktober 2022 gibt es zusätzlich zu den Umweltsteuern das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 (NEHG 2022), das diverse fossile Energieträger umfasst.

So dick ist das Konzept zum Glück nicht. Also tatsächlich die wesentlichste Handlungsempfehlung ist, im Bereich der Umsatzsteuer etwas zu tun. Ein Thema, mit dem wir uns in Österreich auch schon beschäftigen.

Eine Senkung der Umsatzsteuer könnte in Wahrheit unmittelbar Auswirkungen haben, die zum Teil theoretisch auch sogar den Endverbraucher erreichen könnten. In Wahrheit ist eine Umsatzsteuersenkung die Maßnahme, die wahrscheinlich am einfachsten ginge. Nur bin ich mir nicht sicher, ob der Finanzminister so gerne an der Umsatzsteuer herumschraubt.

Aber es könnte ein Turbo für die Sanierung sein. Wir alle wissen und beklagen, dass die Sanierungsquote zu gering ist.

Die Sanierungsrate beim österreichischen Wohnungsbestand liegt aktuell bei circa 1,7 Prozent (Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen). Für ein klimaneutrales Österreich 2040 sind aber mindestens 2,5 Prozent nötig. Wo greift da eine Absendung der Umsatzsteuer?

Ohne gezielte Förderung wird sich an den Zahlen nichts ändern. Stichwort: Eigenheimsanierung. Da sind viele Gewerke involviert. Für eine Privatperson ist die Koordination kaum allein zu stellen. Wie wäre es mit einem Mini-Generalunternehmen (Mini-GU), das mit nur zehn Prozent Umsatzsteuer belastet ist? Ist zwar ein Zusatzaufwand, aber der Private kann unter Umständen von den besseren Konditionen eines Mini-GUs und der Mehrwertsteuerbegünstigung profitieren.

Aber ist die Umsatzsteuer nicht ein Durchrechenposten? 

Wir reden jetzt nicht von Vorsorge-, sondern von Eigennutzerwohnungen. Bei Eigennutzerwohnungen ist die Umsatzsteuer ein Kostenfaktor. Wenn ich jetzt wiederverwertete Materialien mit einem begünstigten Umsatzsteuersatz implementiere, dann reduziert sich für den Endverbraucher in Wahrheit der hineingerechnete Vorsteuerschaden. 

Das vollständige Interview finden Sie in der Ausgabe 03/2023 des ImmoFokus.  

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