Positionen & Meinungen Sozialpflichtiges Eigentum?

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht der Satz: Eigentum verpflichtet. Dennoch ist der Berliner Mietendeckel vorerst Geschichte. Der deutsche Bundesgerichtshof tritt immer wieder als zuverlässiger Hüter der Verfassung in Erscheinung. Dies wünschte man sich gerade in Sachen Eigentum auch von dessen österreichischem Pendant.

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Sozialpflichtiges Eigentum?

Eine Gruppe engagierter Zinshauseigentümer hat vor mehreren Jahren den Weg zum VfGH beschritten, um die offensichtlichen Disparitäten des Richtwertmietgesetzes zu bekämpfen. Leider hat der Gerichtshof die Argumente ohne große inhaltliche Auseinandersetzung vom Tisch gewischt.

Ewiges Thema Richtwert

Mittlerweile wird der Kampf um den Richtwert immer erbitterter geführt. Prozessfinanzierer haben ein lukratives Geschäftsmodell erkannt. Die Rechtsunsicherheit punkto Lagezuschlag ist fast nicht mehr zu toppen. Doch der eigentlich Zuständige, der österreichische Gesetzgeber, schweigt sich aus. 

Dieser Umstand ist auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie in anderen Bereichen erkennbar: Vermieter sind mit bis zu 100%igen Mietzinsminderungsansprüchen konfrontiert, können aber im Gegensatz zu Unternehmensmietern nicht an den Förderinstrumenten partizipieren. Noch beim Fixkostenzuschuss I im ersten Lockdown ist der Pressemeldung des Finanzministeriums zu entnehmen, dass COVID-19-bedrängte Unternehmen damit weiterhin die Geschäftsraummiete zahlen können sollen. Ein halbes Jahr später beim Fixkostenzuschuss II ist die Kommunikation schon verändert: Im Kleingedruckten der Förderbedingungen der COFAG ist eine Schadensminderungspflicht des Förderungswerbers (Mieter) normiert, der Geschäftsraummieter erhält nur einen Fixkostenzuschuss, wenn er beim Vermieter eine Mietzinsminderung angestrebt hat.

Die Unsicherheit bleibt

Die unklare Rechtslage der §§ 1104 ff wird dieser Situation aber nicht gerecht. Erst jüngst hat das BMF in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung auf den Zivilrechtsweg verwiesen. In einigen Jahren werden wir es also wissen. Die Politik lässt hier Mieter und Vermieter gleichermaßen im Regen stehen. 

Dass überdies die Vermieter von jeglicher staatlicher Unterstützungsleistung bislang ausgeschlossen waren, komplettiert dieses Bild. Die Lage kann für Vermieter durchaus prekär werden, wenn diese einen hohen Anteil an gewerblichen Mietern und/oder Pächtern haben. Förderungstechnisch wird der Eigentümer eines Zinshauses nicht als Unternehmer gesehen, auch wenn dieses aber sehr wohl als Unternehmen im Sinn des § 1409 ABGB angesehen wird.  

Eigentum verpflichtet. Dieser Grundsatz einer Sozialpflichtigkeit ist offenbar in der österreichischen „Realverfassung“ verankert. Rechtsmittel gibt es hier aber keine. Ob diese Einstellung Investitionen im Sinn des Green Deal und der Dekarbonisierung fördert, ist mehr als fraglich. Nicht nur bei COVID-19, auch beim Thema Klimaneutralität ist ein gemeinsames Vorgehen nötig.

ÖVI Präsident Georg Flödl ist geschäftsführender Partner von Funk Immobilien, seit langem in unterschiedlichen Funktionen in der Immobilienbranche tätig und Mitbegründer der ÖVI Young Professionals.

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