Positionen & Meinungen „Wenn das Service alleine nicht reicht“

In New-Work-Zeiten, in denen die Unternehmensführung ständig neuen Herausforderungen gegenübersteht, lohnt es sich, die erfolgreiche Methodik von Trainern aus dem Sportbereich zu betrachten und auf die Geschäftswelt zu übertragen - Ein Kommentar von Anita Körbler, Managing Partner trovato.immo

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„Wenn das Service alleine nicht reicht“

In einem herrlichen Feriensommer der frühen 1990er-Jahre kam ich zum ersten Mal mit dem „weißen Sport“ in Berührung. Aus mir ist zwar kein Tennis-Profi geworden, umso mehr hat mich mein Tennis-Coach fasziniert. Und das nicht nur, weil er uns die Basics dieses Spiels fair und mit einer Leichtigkeit nahegebracht hat, nein, auch, weil ich auch damals schon erkennen durfte, wieviel ein Trainer und ein Firmenchef gemeinsam haben: Beide stehen vor der Aufgabe, Talent zu erkennen, Potenzial zu entfalten, Teamgeist zu entfachen sowie kontinuierliche Leistungssteigerung zu erreichen. Da ist es mit einem brillanten ersten Aufschlag nicht getan.

Ein siegreicher Trainer entwickelt eine klare Vision für den Spieler und erstellt eine Strategie, um dessen Stärken zu maximieren und Schwächen zu minimieren. Genauso entwickelt ein erfolgreicher CEO eine klare Vision für das Unternehmen und erstellt eine strategische Roadmap, um Unternehmensziele zu visualisieren, zu erreichen sowie Wachstum und Rentabilität zu steigern.

Die Übertragung sportlicher Prinzipien auf die "New World of Work" kann zu einer dynamischeren, motivierenderen und kollaborativeren Arbeitskultur führen. Dabei ist es wichtig, die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen der Mitarbeiter zu berücksichtigen und die Analogien sorgfältig anzupassen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Im Sport sind klare Ziele und Wettbewerb treibende Kräfte. In der Arbeitswelt können definierte Ziele und die Möglichkeit, sich in freundlichem Wettbewerb zu messen, die Motivation der Mitarbeiter erheblich steigern. Die Einführung von Leistungszielen kann vor allem in den neu geschaffenen, agilen Strukturen dazu beitragen, dass Mitarbeiter ihr Bestes geben – gepaart mit Selbstmanagement und Eigenverantwortung gelingt so auch das Umdenken von abgeleisteter Wochenarbeitszeit hin zu erfolgreich erbrachten Ergebnissen.

„Playing or Not-Playing, Captain?"

Ein Tennis-Trainer motiviert den Spieler, sein Bestes zu geben, und bietet Führung und Unterstützung. Sportteams bestehen aus Individuen mit unterschiedlichen Stärken und Fähigkeiten. In ähnlicher Weise sollte die Arbeitswelt die Vielfalt der Teams schätzen und nutzen. Ein CEO inspiriert und führt seine Mitarbeiter, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen und unter den sich ändernden Marktbedingungen und Geschäftsherausforderungen zum Erfolg des Unternehmens beizutragen.

Zum Thema Krisenbewältigung treten im sportlichen Umfeld oft unerwartete Herausforderungen auf, die von Teams erfordern, sich anzupassen und resilient zu sein. Die Arbeitswelt tickt ähnlich, insbesondere in Zeiten der Veränderung. Im Tennissport etwa ist eine Siegesmentalität wichtig, aber auch die Fertigkeit, Niederlagen zu verkraften und sich davon zu erholen. In der Geschäftswelt sind ebenso eine positive Einstellung, die Bereitschaft zur Weiterentwicklung und die Fähigkeit zur Bewältigung von Misserfolgen von großer Bedeutung. Ein gutes Stichwort: Feierkultur. Im Sport werden Siege gefeiert. Unternehmen sollten ebenfalls Erfolge würdigen und Anerkennung für die Leistungen ihrer Mitarbeiter aussprechen. Dies fördert ein positives Arbeitsumfeld und stärkt das Engagement.

Die Idee eines „Non-Playing Captains" kann auf einen CEO oder Bereichsleiter übertragen werden. Die Bezeichnung beschreibt die Rolle einer Führungsperson, die strategische Entscheidungen trifft, das Unternehmen lenkt und Teams inspiriert und leitet, ohne unmittelbar in den operativen Betrieb involviert zu sein. Von Vorteil kann dies in einigen Bereichen sein, da sich die Führungskraft optimal auf ihre Rolle fokussieren, Weitsicht auf die sich ändernde Geschäftsumgebung bewahren und Entscheidungen neutraler treffen kann. Gefährlich wird es dann, wenn ein „Non-Playing Captain" anstatt Aufgaben an Führungskräfte und Teams zu delegieren in die Rolle des Mikromanagers geht. Das verwirrt und stiftet eher Unruhe im Team als dass es der strategischen Ausrichtung des Unternehmens nützt.

Lucky (?) Loser

Natürlich würde es nie jemand wagen, dies auszusprechen, aber es gibt sie: die Lucky Loser auf C-Level. Also jemand, der möglicherweise nicht die charakteristischen Qualifikationen oder Erfahrungen für die Rolle des CEO mitgebracht hat, aber aufgrund außergewöhnlicher Situationen, Innovationsgeist oder unerwarteter Gelegenheiten dennoch in diese Führungsposition aufsteigt.

Dieser Ansatz zeigt, dass es nicht immer die offensichtlichen Kandidaten sind, die sich für Führungspositionen am besten eignen, und dass unerwartete Umstände zu erstaunlichen Möglichkeiten führen können. Dies kann für innovationsgetriebene Unternehmen von großem Vorteil sein. Für die Person, die diese Position dann bekleidet, zeigt sich schnell, ob authentische Fußabdrücke getätigt werden oder ob die neuen Schuhe zu groß waren.

Aus den besten Spielern werden nicht unbedingt die besten Trainer

Jemand, der am Platz brilliert, mit eiserner Disziplin trainiert und mit den Fans kokettiert, ist nicht gleichzeitig jemand, der es nach seinen aktiven Jahren schafft, diese Skills auch bei anderen zu stärken und diese Energien auch bei seinen Schützlingen freizusetzen.

Dazu gehören neben klarer und effektiver Kommunikation – so wie bei einem allentscheidenden Tie-Break – Nervenstärke, Ausdauer, Kondition, Fokus auf Entscheidung und Druckbewältigung. Das zeigt auch in der Praxis oft, warum der beste Vertriebler sich nicht unbedingt zum optimalen „Head of Sales" eignen muss.

Ganz frech gesagt: „Sieger spielen solange, bis sie es richtig machen" (Billie Jean King). Eine g'mahde Wiesn garantiert einen perfekten ersten Aufschlag nicht: Strategie, Disziplin und Ausdauer sind die Erfolgsfaktoren für ein „perfect match".

Zur Autorin:

Anita Körbler ist ideenreiche Branchenkennerin und Managerin mit Herz und Hirn. Körbler kann auf langjährige Erfahrung in Immobilienunternehmen sowie exklusive Projekte im öffentlichen Bereich (PPP) zurückblicken. Berufsbegleitend absolvierte sie erfolgreich zwei Studien im Bereich Wirtschaft und Public Communications, zeichnete jahrelang für verschiedene PropTech-Unternehmen als Geschäftsführerin verantwortlich und widmet sich der Beratung und Immobilienvermarktung sowie der Realisierung von Digitalisierungsprozessen in der Immobilienbranche. 

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