Positionen & Meinungen Wohnungsmärkte und Finanzmarktstabilität

Die angespannte Lage am europäischen Wohnungsmarkt hat sich mit der Corona-Pandemie nochmals zugespitzt.

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Wohnungsmärkte und Finanzmarktstabilität

Viele Haushalte haben Einkommenseinbußen erlitten, gleichzeitig kam es auf den Immobilienmärkten zu sprunghaften Preisanstiegen, die in Österreich besonders stark waren. Diese Preisentwicklung bedeutet nicht nur ein gestiegenes Leistbarkeitsproblem, sondern ist auch zunehmend ein Risiko für die Finanzmarktstabilität.

Die Anstiege der Immobilienpreise in der EU lagen schon lange Zeit deutlich über der allgemeinen Inflationsrate. In Österreich war diese Entwicklung besonders drastisch. Stiegen zwischen dem dritten Quartal 2020 und dem dritten Quartal 2021 die Wohnungspreise in der EU um 9,2 Prozent, war der Anstieg in Österreich bei 12,9 Prozent. Noch stärker belegt das der Langfristtrend: Die Immobilienpreise in Österreich haben sich seit 2010 mehr als verdoppelt (+104 Prozent) – der EU-Durchschnitt hingegen lag nur bei 39Prozent. Die Ursachen für die starken Anstiege ergeben sich aus einem Zusammenspiel von niedrigem Zinsniveau, dem Wunsch nach einer ertragreichen Vermögensanlage (Stichwort Anlegerwohnungen und Betongold), den pandemiebedingt geänderten Wohnansprüchen und den hohen Material- und Baukosten.

Neue Maßnahmen 

Das Risikopotenzial von überhöhten Immobilienpreisen auf die Finanzmärkte hat bereits sowohl den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) als auch das österreichische Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) auf den Plan gerufen. Strengere Regelungen für die Vergabe von Krediten an Privatpersonen ist eine der wichtigsten Maßnahmen, die empfohlen wird.

Niedrige Verschuldung

Positiv hervorgehoben wird seitens der europäischen Aufsicht aber, dass trotz der aktuellen Entwicklungen die Verschuldung der Privathaushalte in Österreich weiterhin eher niedrig ist. Dies ist nicht zuletzt auf das Angebot an GBV-Wohnungen zurückzuführen, die ein breites Angebot an leistbaren und sicheren Eigentums- und Mietwohnungen zur Verfügung stellen.

Eine aktuelle WIFO-Studie belegt, dass GBV-Eigentumswohnungen die österreichischen Haushalte jährlich um rund 122 Millionen Euro entlasten. So viel ersparten sich die Haushalte laufend an Finanzierungskosten, wenn sie ihre Eigentumswohnung (Baujahr 1980 bis heute) zu einem kostenbasierten Preis bei einer gemeinnützigen Bauvereinigung statt bei einem gewerblichen Bauträger gekauft haben. Bei Mietwohnungen liegt die laufende Mietersparnis durchschnittlich bei 165 Euro pro Wohnung und Monat. Das zeigt, dass das System der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, das auf Langfristigkeit und Kostendeckung angelegt ist, gerade auch in Krisenzeiten von immensem Vorteil für die gesamte Bevölkerung ist.

Verbandsobmann Bernd Rießland studierte Klavier und Bauingenieurwesen. Nach Stationen im Wirtschaftsministerium, bei Erste Bank und Wirtschaftsagentur Wien ist er seit 2010 Vorstandsmitglied der SOZIALBAU AG.

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