Positionen & Meinungen Auf dem Weg zur Kunststoff-Wertschöpfungskette

"Neben politischen Fortschritten spielen auch die Maßnahmen der Unternehmen eine entscheidende Rolle auf dem Weg zu einer Wertschöpfungskette für Kunststoff", so Victoire Carous, Senior Investment Manager & Co-Lead, LOIM Plastic Circularity

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Auf dem Weg zur Kunststoff-Wertschöpfungskette

Der alle zwei Jahre erscheinende Bericht von Plastics Europe zeigt, dass Kreislaufkunststoffe mittlerweile 13,5 % der in Europa hergestellten neuen Kunststoffprodukte ausmachen. Insgesamt werden mittlerweile gut ein Viertel des europäischen Plastikmülls recycelt. Dies bedeutet, dass zum ersten Mal mehr Kunststoffabfälle recycelt als auf Deponien entsorgt werden – ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen in Europa.

Auch hat das Europäische Parlament im Rahmen einer neuen Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) verbindliche Ziele für die Wiederverwendung, Sammlung und das Recycling von Verpackungen sowie Verbote von Einwegverpackungen, Miniaturflaschen und Beuteln verabschiedet, die als unnötig erachtet werden. Das Gesetz sieht vor, dass die jährliche durchschnittliche Menge an Verpackungen, Schachteln, Flaschen und Dosen jedes EU-Bürgers bis 2030 um 5 % gesenkt werden soll. Dieses Ziel soll bis 2030 auf 10 % und bis 2040 auf 15 % steigen. Es schreibt vor, dass nahezu alle Verpackungsmaterialien bis 2030 vollständig recycelbar sein müssen.

Das PPWR führt außerdem Mindestziele für den Recyclinganteil in Kunststoffverpackungen ein. Im März drohte es von Handelsvertretern wegen einer „Spiegelklausel“ blockiert zu werden, die für Exporteure in die EU die gleichen Bedingungen vorsah.

Neben politischen Fortschritten spielen auch die Maßnahmen der Unternehmen eine entscheidende Rolle auf dem Weg zu einer Wertschöpfungskette für Kunststoffe.

OMV: Joint Venture für Europas größte Sortieranlage für chemisches Recycling gestartet

Die OMV, der in Wien ansässige Produzent von Energie, Brenn- und Rohstoffen, Chemikalien und Materialien, will mit dem Anbieter von Kreislaufwirtschaftslösungen Interzero zusammenarbeiten, um eine Sortieranlage zur Herstellung von Rohstoffen für das chemische Recycling zu errichten. OMV wird mehr als EUR 170 Mio. in den Bau der Anlage in Walldürn, Süddeutschland, investieren und 89,9% der Anteile an dem Joint Venture halten, während der Rest im Besitz von Interzero ist.

OMV gibt an, dass die Anlage 250.000 Tonnen Mischkunststoffe pro Jahr verarbeiten wird, wobei der Schwerpunkt auf der Umwandlung von Abfällen, die nicht mechanisch recycelt werden können, in Pyrolyseöl liegt, einem Ausgangsstoff für das chemische Recycling. Mit fünf Sortieranlagen für Leichtverpackungsabfälle in Deutschland und der Kapazität, etwa ein Drittel dieser Abfälle in Deutschland zu sammeln, verfügt Interzero über die größte Sortierkapazität in Europa.

HolyGrail 2.0: Gemeinsames Projekt für digitale Wasserzeichen auf dem Weg zur Marktreife

HolyGrail 2.0 hat seine zweite FuE-Forschungsphase abgeschlossen und wird in kommerziellen Sortier- und Recyclinganlagen unter normalen Betriebsbedingungen eingesetzt werden. Die Initiative für digitale Wasserzeichen hat mehr als 130 Unternehmen und Verbände aus der gesamten Wertschöpfungskette der Verpackungsindustrie zusammengebracht.

Digitale Wasserzeichen sind optische Codes, die mit einem Verpackungsetikett aufgebracht oder in eine Form eingeprägt werden. Diese „digitalen Recyclingpässe“ enthalten wichtige Informationen wie die Art der verwendeten Kunststoffe und deren Zusammensetzung, die Verwendung für Lebensmittel oder Nicht-Lebensmittel und die Lagereinheit.  

Das von der AIM – European Brands Association – vorangetriebene und von der Alliance to End Plastic Waste unterstützte Projekt zielt darauf ab, zu verstehen, wie digitale Technologie eine bessere Sortierung und höhere Recyclingraten für Verpackungen in der EU ermöglichen kann.

Eastman: Neue Anlage für molekulares Kunststoffrecycling

Das Unternehmen Eastman hat bekannt gegeben, dass seine neue Anlage für molekulares Recycling in Kingsport, Tennessee, in Betrieb ist und Einnahmen erwirtschaftet. Das Unternehmen geht davon aus, dass es die Produktion in den kommenden Monaten steigern wird. Ziel ist es, bis 2024 ein zusätzliches EBITDA von etwa 75 Mio. USD aus der neuen Anlage zu erwirtschaften, um seine Kreislaufwirtschaftsplattform voranzutreiben. 

Die Polyester-Erneuerungs-Technologie des Unternehmens wird bei schwer zu recycelnden Kunststoffabfällen eingesetzt, die heute in der Regel auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen landen. Die Technologie ermöglicht es, diese Abfälle in ihre molekularen Bausteine zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen, um einen Kunststoff mit kompromisslosen Leistungsmerkmalen zu erhalten.

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