Wohnen EHL: Ab 2024 drastischer Rückgang der Fertigstellungszahlen am Wiener Wohnungsmarkt

Heuer kommen rund 15.800 Einheiten auf den Markt und sorgen für ein derzeit ausreichend großes Angebot an Miet- und Eigentumswohnungen, so die Experten von EHL Wohnen

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EHL: Ab 2024 drastischer Rückgang der Fertigstellungszahlen am Wiener Wohnungsmarkt

Während die Wohnungsfertigstellungen in Wien in der Dreijahresperiode 2020 bis 2022 auf ein Rekordniveau gestiegen sind, sind die Baubewilligungszahlen im Gegensatz dazu bereits seit 2021 stark rückläufig, heißt es in einem aktuellen Update von EHL Immobilien über den Wiener Wohnungsmarkt. Zudem erlebt der Markt derzeit eine markante Trendwende: Die Kombination von stark gestiegenen Zinsen, Baupreisen auf Höchstniveau, hoher Inflation und schleppenden Baugenehmigungsverfahren sorgt für einen drastischen Einbruch der Projektstarts, prognostizieren die Experten von EHL Wohnen rund um Geschäftsführerin Karin Schunker.

Aktuell schlägt sich diese Entwicklung in den Fertigstellungszahlen nur abgeschwächt nieder, da jetzt noch Projekte auf den Markt kommen, deren Fertigstellungen aufgrund von Verzögerungen erst in diesem Jahr erfolgen. Für die kommenden beiden Jahre ist jedoch ein starker Rückgang bereits sicher und 2025 wird mit nur mehr 7.500 Einheiten ein Tiefstand erreicht, wie er schon lange nicht mehr registriert wurde.

Strukturell ist eine deutliche Verschiebung des Angebots von Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen festzustellen. Damit reagieren Projektentwickler auf die höheren Renditeanforderungen institutioneller Investoren und verwerten ihre Neubauprojekte nun wieder vermehrt in Form von Einzelwohnungsverkäufen.

Bedarf an Wohnraum durch Ukrainekrieg deutlich gestiegen

Der aufgrund des langfristigen Trends zu stärkerer Urbanisierung ohnehin große strukturelle Bedarf an Wohnraum in Wien ist durch den Ukrainekrieg und den dadurch verursachten Zuzug 2022 nochmals deutlich gestiegen. Im 1. Halbjahr 2023 ist das Bevölkerungswachstum zwar wieder auf das längerfristige Durchschnittsniveau zurückgegangen, doch stellen sich viele zugezogene ukrainische Familien darauf ein, dauerhaft in Österreich zu bleiben. Diese Nachfragegruppe ist nach wie vor verstärkt auf dem regulären Wohnungsmarkt spürbar.

Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist derzeit besonders hoch, da die Zinserhöhungen in Kombination mit der aufrechten KIM-Verordnung den Zugang zu Eigentum deutlich erschweren. Objekte im Segment leistbares Wohnen sind daher rasch vollvermietet und auch die Nachfrage bei Bestandsliegenschaften und Altbauwohnungen ist sehr gut. Da die Lebenshaltungskosten allgemein gestiegen sind, versuchen viele Haushalte ihre Wohnkosten zu optimieren. Besonders gefragt sind deshalb energieeffiziente Gebäude, kompakte Wohnungsgrundrisse und auch günstigere Bestandswohnungen, die in den Vorjahren weniger nachgefragt wurden (z.B. wegen fehlender Freifläche). Trotz des Fokusses auf Miete ist aber seit kurzem eine gewisse Erholung der Nachfrage nach Eigentumswohnungen zu registrieren, auch wenn die Zahl der Transaktionen im ersten Halbjahr im Vergleich zu 2022 noch deutlich rückläufig war.

Umfragen zeigen, dass die Schaffung von Wohnungseigentum weiterhin einen hohen Stellenwert hat, vor allem deshalb, weil Immobilieninvestitionen einen sehr guten Inflationsschutz bieten. Überdurchschnittlich entwickelt sich der Markt für leistbares Wohnen im Speckgürtel. Für Objekte an Standorten mit guter Verkehrsanbindung an die Bundeshauptstadt und Kostenvorteilen gegenüber Wien, herrscht gute Nachfrage, da das Preisargument im schwieriger gewordenen gesamtwirtschaftlichen Umfeld spürbar an Bedeutung gewonnen hat.

Eigentumspreise auf Vorjahresniveau

Die Entwicklung der Mieten und Kaufpreise verläuft konträr zu den letzten Jahren. Die Eigentumspreise haben sich beinahe in allen Lagen auf Vorjahresniveau eingependelt. Unter Berücksichtigung der aktuellen Inflation und der im Durchschnitt sehr beachtlichen Lohnerhöhungen, sind die Wohnungspreise demnach real günstiger geworden. Diese Entwicklung ist in guten und eher zentrumsnahen Wohnlagen sehr moderat, in Randlagen mit ausbaufähiger Infrastruktur und breiterem Angebot ist der Rückgang stärker.

In den peripheren Stadtentwicklungsgebieten nördlich der Donau, im Süden und im Osten, sowie in äußeren Gürtelbezirken, in denen ein Großteil des zusätzlichen Wohnraums entsteht, waren nominell keine Preissteigerungen zu verzeichnen. Zwischen null und zwei Prozent Plus konnten 2023 nur in den zentralen Stadtlagen innerhalb des Gürtels und den hochpreisigen Grünbezirken erzielt werden. Diese Teilmärkte spielen aber quantitativ derzeit keine große Rolle.

Die Mieten entwickelten sich hingegen deutlich dynamischer als die Kaufpreise. Im Durchschnitt lagen die Zuwächse mit 8,0 bis 9,8 Prozent im Bereich der Inflationsrate. In den meisten Lagen sank zudem die durchschnittliche Leerstandsrate aufgrund der hohen Nachfrage und des Angebotsrückgangs auf unter zwei Prozent.

Ausblick: Wohnungspreise bleiben stabil

Aus der ursprünglich als temporärer Bevölkerungszuwachs betrachteten Zuwanderung von Ukrainern verfestigt sich nun ein Wachstumsschub für die Bundeshauptstadt, halten die Experten von EHL Wohnen fest. Dieser löst zusätzlich zum strukturellen Wachstum als Folge der Urbanisierung weiteren Wohnungsbedarf aus. Allein dadurch wird das kurze Zeit befürchtete Überangebot mehr als ausgeglichen und der ohnehin geringe Leerstand wird weiter fallen.

Der starke Rückgang der Fertigstellungen um mehr als 50 Prozent bis 2025 könnte auch längerfristig anhalten. Wenn es in den kommenden zwölf Monaten keine klare Trendwende bei den Projektstarts gibt, wird das zu einer jährlich weiter wachsenden Angebotslücke führen.

Die geringen Fertigstellungszahlen und der sinkende Anteil von Mietwohnungen am Neuflächenangebot werden zu einem deutlichen Nachfrageüberhang bei Mietwohnungen und zu steigenden Mieten (mindestens im Bereich der Inflationsrate) führen.

Die anhaltend hohen Baukosten und der große strukturelle Wohnungsbedarf werden die Wohnungspreise trotz der gestiegenen Finanzierungskosten zumindest stabil halten. Größere Anstiege sind aber erst mit einer Trendwende bei den Leit- und Marktzinsen zu erwarten.

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