International Immobilienkrise um Country Garden trifft China doppelt

Immobilienkrise belastet nicht nur die Konjunktur, sondern auch die öffentlichen Finanzen

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Immobilienkrise um Country Garden trifft China doppelt

"Fünf-Sterne-Wohnen" auch in kleineren Städten - das hatte der Immobilienentwickler Country Garden Millionen von Chinesen versprochen. Doch mit der drohenden Schieflage des einst größten Projektentwicklers in China könnte der Traum für die Massen geplatzt sein. Das träfe nicht nur die Kunden, sondern auch die Städte und Gemeinden, die über den Verkauf von Grundstücken an Immobilienfirmen und die Grundsteuer große Teile ihrer Einnahmen generierten.

3.121 Projekte in ganz China hat Country Garden nach einem Bericht von Oxford Economics am Laufen - zum Vergleich: Bei Evergrande, dem bisher größten Sanierungsfall in der Branche in China, waren es gerade 800.

Fast eine Million Häuser warten auf ihre Fertigstellung, wie die japanische Investmentbank Nomura schätzt. Und nun könnten die Kleinstädte, die ohnehin knapp bei Kasse sind, nicht nur mit einer Vielzahl halbfertiger Häuser zu kämpfen haben, sondern sich auch ein soziales Problem schaffen - was die Regierung in Peking zu verhindern versucht.

Im vergangenen Jahr stammten 62 Prozent der Einnahmen von Country Carden aus kleineren und weniger bekannten Städten, wie Dezhou im Norden und Maoming in Süd-China. Gut drei Viertel des Landes, das Country Garden bereits für künftige Projekte gekauft hat, liegt ebenfalls in solchen Gegenden. Doch gerade dort sind sowohl die Immobilienverkäufe als auch die Werte der Häuser in der Konjunkturkrise während und nach der Coronakrise eingebrochen. Nach einem Rekordverlust von 6,1 Mrd. Yuan (766,33 Mio. Euro) versprach Country-Garden-Chefin Yang Huiyan, das Engagement in Kleinstädten zu drosseln - wohl zu spät. Denn zugleich wurde der Zugang zu frischem Fremdkapital teurer und schwieriger.

2020 hatte Country Garden noch 570,7 Mrd. Yuan (71,70 Mrd. Euro) umgesetzt, 2022 waren es nur noch 357,5 Mrd. - und es geht weiter abwärts. Country Garden "braucht mindestens 30 Milliarden Yuan Umsatz im Monat, um schwarze Zahlen zu schreiben. Aber in diesem Jahr waren es nur 10 oder 20 Milliarden", rechnet Chief Investment Officer Oscar Choi von Oscar and Partners Capital Limited in Hongkong vor. Denn das Geschäftsmodell von Country Garden fußt darauf, schnell eine große Zahl von Wohnungen zu geringen Margen zu verkaufen. Dazu kaufte das Unternehmen billig große Flächen von den Städten und Provinzen auf. Teil der Projektentwicklung sind auch Hotels, Läden, Schulen und sogar Technologieparks.

Bricht nun das Geschäft mit dem Immobilienentwicklern weg, drohen den Städten schmerzliche Einnahmenverluste. Nach einem Bericht des Chefvolkswirts von Nomura für China, Lu Ting, machten Grunderwerbssteuern im vergangenen Jahr allein sieben Prozent der Einnahmen der lokalen Verwaltungen aus, 24 Prozent kamen aus den Grundstücksverkäufen selbst. Letztere lagen laut Ting im ersten Halbjahr 2023 um 50 Prozent unter dem Niveau von 2021. Damit ziehe die Immobilienkrise nicht nur die Konjunktur weiter nach unten, sondern auch die Finanzen der öffentlichen Hand, sagt Gerwin Bell, Asien-Chefvolkswirt des Vermögensverwalters PGIM: "Um das zu stoppen, braucht es viel größere steuerliche Anreize als die Regierung bisher plant." (apa)

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