Kommentare Immobilienmarkt? Welche Sektoren sind stärker, welche weniger stark davon betroffen?

Ein Kommentar von Franz Pöltl

Nur wenn die Menschen wieder beginnen, Geld für Dinge wie Restaurantbesuche, Kultur, Mode und Urlaub auszugeben, werden auch die Unternehmen wieder beginnen zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen und sich kostendeckende Mieten leisten können.

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Immobilienmarkt? Welche Sektoren sind stärker, welche weniger stark davon betroffen?

Die COVID-19 Pandemie hat auch die Weltwirtschaft völlig unvorbereitet getroffen. Obwohl sich bereits in den letzten 18 Monaten vor den ersten Corona-Fällen die Stimmen derjenigen gemehrt haben, die den Immobilienzyklus unmittelbar vor dem Peak wähnten und vor einem Rückgang der Nachfrage gemahnt hatten, gab es keine ernstzunehmenden Anzeichen für ein Ende der Konjunktur. Unabhängig davon hätte aber niemand ein Virus als auslösendes Moment für einen Umschwung auch nur in Erwähnung gezogen oder gar geahnt, mit welcher Wucht und Geschwindigkeit ein von den Regierungen angeordneter Lockdown das gesellschaftliche Leben und die wirtschaftlichen Aktivitäten von einem Moment auf den anderen quasi auf Null stellen kann. Nach mittlerweile drei Monaten Pandemie und den ersten Analysen der damit verbundenen Konsequenzen zeigt sich, dass die Menschen, die Wirtschaft und vor allem die Anleger Risiken, die sie vor Corona nicht einmal gekannt hatten, nun ins Zentrum ihres Handelns rücken. 

Wohnbedürnis auch in Zeiten der Pandemie

Da es unbestritten auch in Zeiten einer Pandemie ein „Wohnbedürfnis“ gibt, werden Zinshäuser, Neubauwohnhäuser und generell Wohnraum weiterhin stark von Investoren nachgefragt. Sowohl auf Käufer- als auch auf Mieterseite ist dieser Markt daher vergleichsweise unbeeindruckt von der allgemeinen Verunsicherung und so gibt es kaum Auswirkungen auf Mieten und Renditen.

Die Mieter von Gewerbeimmobilien und in weiterer Folge auch die Eigentümer und Kaufinteressenten derartiger Objekte sind dagegen stärker von den Auswirkungen der Pandemie betroffen. So wird derzeit vor allem versucht, das Risiko, welches aus Anmietungs- oder Investmententscheidungen resultieren könnte, so weit wie möglich zu reduzieren. Als Konsequenz daraus werden im Moment Expansionsbestrebungen hintangestellt und nur wenige Büroflächen, Geschäftslokale oder Hotelimmobilien angemietet. Die Investoren haben ihren Fokus daher auf Gewerbeobjekte in guter Lage, die möglichst langfristig und an Mieter bester Bonität vermietet sind, ausgerichtet. Objekte, die das nicht bieten können, werden – sofern überhaupt Kaufinteresse gegeben ist – mit Preisabschlägen „bestraft“. Wo die Investoren erhöhte Risiken im Geschäftsmodell der Mieter/Pächter sehen, wie z.B. bei Betreibern von Hotels oder Geschäften, leidet die „Investitionslust“ generell. 

Um die gewerbliche Immobilienwirtschaft wieder an das Niveau vor Ausbruch der Pandemie heranzuführen, braucht es neben finanziellen Hilfen für die Mieter und Betreiber vor allem Maßnahmen, die das Vertrauen der Konsumenten und Kunden nachhaltig und schnell verbessern. Denn nur wenn die Menschen wieder beginnen, Geld für Dinge wie Restaurantbesuche, Kultur, Mode und Urlaub auszugeben, werden auch die Unternehmen wieder beginnen zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen und sich kostendeckende Mieten leisten können. 

Der studierte Wirtschaftswissenschaftler Franz Pöltl (EHL Investment Consulting) ist seit nunmehr drei Jahrzehnten im Immobilienbereich mit Schwerpunkt An- und Verkauf von großvolumigen Immobilien tätig.

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