Die Ergebnisse für 2020 auf einen Blick:
- Gesamtindex (segmentübergreifend): 3,6 Prozent (2019: 5,2 Prozent)
- Teilindex Wohnen: 5,0 Prozent (2019: 5,8 Prozent)
- Teilindex Gewerbe: 0,7 Prozent (2019: 4,0 Prozent)
Jan Finke, Projektleiter für den Immobilienindex bei bulwiengesa: Im Jahr 2020 waren viele gegenläufige Entwicklungen zu beobachten. Der große generelle Preiseinbruch blieb jedoch aus. Die Veränderungsraten des Immobilienindex sind vergleichbar mit denen der Jahre 2011 bis 2013, bleiben aber deutlich vor den Lehman-Jahren 2009/2010.
Gewohnt und gekauft wird auch in der Krise
Die Preise im Wohnungsmarkt steigen erneut deutlich an. Preistreiber Nummer eins bleiben die Kaufobjekte, Egal ob Kaufpreise für Reihenhäuser (+7,5 %), Grundstückspreise für Einfamilienhäuser oder Neubau-Eigentumswohnungen (beide +5,8 %). Dagegen ist der Mietanstieg bei Wohnungen im Neubau (+3,4 %) und Bestand (+2,3 %) im deutschen Durchschnitt vergleichsweise moderat.
Niedrige Hypothekenzinsen bei Nachfrageüberhang sowie angespannte Mietwohungsmärkte
in den Ballungsräumen prägen seit Jahren den deutschen Wohungsmarkt.
Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter bei bulwiengesa: „Anders als in Marktzyklen der 1980er- und 1990er-Jahre liegen die Fertigstellungszahlen sowohl für Wohnungen als auch für Büros konstant unter der Nachfrage. Ein blasentypisches Überangebot baut sich nicht auf. Einige Marktreaktionen dürften daher nur kurzfristig Bestand haben. Das Zinsniveau wird voraussichtlich eher stagnieren, Preisrückgänge sind aufgrund der zu geringen Bautätigkeit kaum zu erwarten. Daher werden Preise und Mieten für Wohnungen und Büros auch in den nächsten Jahren leicht anziehen, wenn auch mit verminderter Kraft.“
Büromarkt: „Geschüttelt, nicht gerührt!“
Lautete im vergangenen Jahr die Überschrift noch „Büro-Boom ohne Ende“, hat sich das Bild
nun deutlich verändert. Seit 2010 stiegen die Büromieten an, Leerstände tendierten in einigen
Städten gegen null, die Büroflächengesuche konnten kaum bedient werden. Die Corona-Pandemie
bedeutete für den Büroimmobilienmarkt zunächst abrupt: Homeoffice und Expansionsstopp.
Folglich gaben die Büromieten in Citylagen durchschnittlich erstmals seit 2009 um -0,8
% leicht nach. Hauptfaktor hierfür war die eingeschränkte Möglichkeit von Vor-Ort-Vermietungen
und eine abwartende Haltung bei einigen Großnutzern – der Büroflächenumsatz sank im
Vergleich zum Vorjahr um -28,3 %. Zeitgleich ist der Büroflächenneuzugang um +22,7 % gestiegen
und weist den höchsten Wert seit 2003 auf. Beides trifft besonders die A- und B-Städte,
in denen die Leerstände leicht steigen.
Andreas Schulten: „Wichtig ist die langfristige Einordnung dieser Zahlen: Die Flächenumsätze der A- und B-Märkte entsprechen derzeit in etwa immer noch dem 30-jährigen Mittelwert seit 1990, die Leerstandszahlen in A- und B-Städten liegen bei lediglich 40 % des Krisenjahres 2010. Bislang hat sich der Büromarkt nur kräftig geschüttelt, in den Grundzügen ist er jedoch weitesgehend robust und ‚nicht gerührt‘.“
Minus im Einzelhandel schon vor Corona
Die Lockdown-Phasen sorgen für Umsatzeinbrüche im Einzelhandel und in der Folge zu diversen
Geschäftsaufgaben. Dabei hatte sich ein grundlegender Strukturwandel der Einzelhandelslandschaft
bereits ohne Corona-Effekt in den Vorjahren angedeutet. Folglich fielen die
Einzelhandelsmieten in 1a-Lagen bereits in den letzten beiden Jahren leicht, 2020 dann deutlich
um -2,2 %. Weitere langfristige Mietreduktionen sind in Innenstadtlagen absehbar, da Warenbeschaffungs-
und Personalkosten wenig Einsparpotenzial bieten. Der Markt für Gewerbeimmobilien
bleibt insgesamt indifferent.
Preise für Gewerbegrundstücke reagieren auf hohe Logistik-Nachfrage
Dynamisch aufwärts im Gewerbeindex verlaufen die Grundstückspreise mit einer Steigerung
von +4,5 %. Seit 2014 sind regelmäßig hohe Steigerungsraten zwischen +4,0 % und + 8,7 %
festzustellen. Die hohe Nachfrage nach Gewerbegrundstücken begründet sich in der unverändert
hohen Immobilieninvestment-Nachfrage, wie auch in der spezifischen Nachfrage nach
Logistikimmobilien. Spätestens in der Krise zeigte sich die hohe Systemrelevanz dieses Wirtschaftsbereichs.
Zudem nahm der der E-Commerce während des Lockdowns 2020 um rund
15 % zu.
Ausblick
In der Immobilienwirtschaft kristallisierten sich die Segmente Wohnen und Logistik als die stabil
wachsenden Märkte heraus. Auch in den kommenden Jahren werden die Segmente Wohnen,
Büro und Logistik für Anleger und Investoren risikoärmer sein als etwa das Hotelsegment
oder der stationäre Einzelhandel. Neben dem weitgehend stabil verlaufenden Einzelhandel
mit Waren des täglichen Bedarfs sind Mixed-Use-Immobilien der Schlüssel für einen gewerblichen
Immobilienmarkt mit neuen Wachstumsaussichten.