Finanzierung OeNB: Steigende Zinsen machen Kreditfinanzierung schwieriger

Anteil variabel verzinster Wohnbaukredite immer noch hoch - Nachfrage nach Krediten geht zurück - Banken verdienen aber weiterhin gut - OeNB rät dennoch zu Vorsicht bei Ausschüttungen

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OeNB: Steigende Zinsen machen Kreditfinanzierung schwieriger

Die hohe Inflation und die damit stark angestiegenen Leitzinsen haben die Finanzierungsbedingungen für Haushalte und Unternehmen verschärft. Ein Grund dafür ist der nach wie vor hohe Anteil an variabel verzinsten Krediten, die die Schuldenlast ansteigen lassen. Für die Banken ist das bisher aber noch kein Problem, die Institute verzeichneten im Vorjahr sogar Rekordgewinne. Die Nationalbank rät dennoch zu Zurückhaltung bei Ausschüttungen.

Seit Mitte 2022 hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die Inflation die Zinsen um 375 Basispunkte angehoben, der Zinssatz steht derzeit bei 3,75 Prozent. Ein Ende ist vorerst nicht in Sicht, weitere Zinserhöhungen sind von der EZB bereits angekündigt worden. Im Zuge dessen sind auch die Kreditzinsen für Haushalte und Unternehmen in dem Zeitraum spürbar angestiegen. Das hat die Schuldenlast erhöht und die Nachfrage nach Krediten gesenkt.

"Der scharfe Zinsanstieg des letzten Jahres führt dazu, dass es einen Rückgang bei den Bankkrediten gibt für Haushalte, aber auch bei den Unternehmen," sagte der Vize-Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Gottfried Haber, am Mittwoch. Berücksichtigen müsse man dabei aber auch, dass es in den Jahren davor einen enormen Aufbau bei der Kreditvergabe gegeben habe. Bei Unternehmen sei der Rückgang zudem weniger stark, da diese für Lager- und Betriebsmittelfinanzierungen nach wie vor Liquiditätsbedarf hätten.

Der Schuldendienst für Unternehmen habe sich dennoch erhöht. Ende 2022 lag dieser bei knapp fünf Prozent, das bedeutet, dass Unternehmen mussten rund fünf Prozent ihrer Gewinne für den Schuldendienst ausgeben mussten, sagte die Leiterin der Volkswirtschaftlichen Hauptabteilung, Birgit Niessner. Das liege auch an dem hohen Anteil an variabel verzinsten Krediten. In den vergangenen 10 Jahren seien 86 Prozent der vergebenen Kredite an Unternehmen variabel verzinste Kredite gewesen. Große Sorgen bereitet das die OeNB derzeit aber noch nicht. Die Verschuldung der Unternehmen sei zwar insgesamt angewachsen, die Gewinne seien aber noch stärker gestiegen. Dadurch sei die Schuldenquote der Unternehmen wieder gesunken und liege derzeit unter dem Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre, so Niessner.

Die Quote der variabel verzinsten Krediten ist allerdings auch bei den privaten Haushalten, an die vor allem Wohnbaukredite vergeben werden, nach wie vor hoch. Rund 50 Prozent aller Hypotherkarkredite seien variabel verzinst. "Auch die Neukreditvergabe, die wir letztes Jahr und bis ins erste Quartal 2023 beobachten konnten, ist stark geprägt von variabel verzinsen Krediten", so Niessner. Im Euroraum sei der Anteil deutlich geringer.

Das Zinsrisiko, dass die Haushalte damit aufnehmen, sei daher von großer Relevanz. Abgeschwächt werde die Lage aber dadurch, dass vor allem Haushalte in den höheren Einkommenssegmenten Kredite aufnehmen würden. Im Schnitt hätten 40 Prozent aller Haushalte einen Wohnkredit, im untersten Einkommens-Fünftel seien es jedoch nur 4 Prozent. "Wir sehen, dass Hypothekarkredite von Haushalten aufgenommen werden, die einen größeren finanziellen Spielraum haben." Die Kreditraten lägen bei vielen Haushalten deutlich unter 20 Prozent des Nettoeinkommens, im Schnitt seien es und 14,5 Prozent. Zudem habe die KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) verbesserte Standards bei der Kreditvergabe gebracht. Das sei eine "gute Nachricht für die Finanzmarktstabilität", sagte auch Abteilungsdirektor Markus Schwaiger.

Im Hinblick auf die höhere Belastung für Kreditnehmer sei jedenfalls zu erwarten, dass die Zahl der Kreditausfälle künftig ansteigen wird. Aktuell sehe man einen solchen Anstieg aber noch nicht, sagte Haber. Auch wann genau die Quoten für notleidende Kredite (NPL) ansteigen werden, sei schwer vorherzusagen.

Für die Banken sind die gestiegenen Zinsen und das damit rückläufige Kreditwachstum bisher kein spürbares Problem. Viel eher haben die steigenden Zinsen die Profitabilität der Banken unterstützt. Denn das klassische Modell der Fristentransformation funktioniere nun wieder, so Haber, nachdem es in der Phase der Niedrig- und Negativzinsen nicht so war.

Im Vorjahr haben die Banken im Zuge dessen sogar einen Rekordgewinn von 10,2 Mrd. Euro erzielt. Neben den Einnahmen, die zu einem Gutteil auch dem gut laufenden Geschäft Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) zuzuschreiben waren, spielten hier jedoch auch Einmaleffekte wie Erlöse aus aufgegebenen Geschäftsbereichen eine Rolle. Haber geht daher davon aus, dass sich die Ergebnisentwicklung der Banken in den kommenden Jahren nicht so fortsetzen werde.

Die Ausgangslage der Banken sei insgesamt gut, so der Vize-Gouverneur. Dennoch müssten die Institute ihre Kapitalbasis weiter stärken und sich bei Gewinnausschüttungen zurückhalten. Gleichzeitig sollten die Institute ihre Effizienz weiter steigern, um die derzeit gute Profitabilität auch in Zukunft aufrecht erhalten zu können. Weiters mahnte die Nationalbank die Sicherstellung von nachhaltigen Vergabestandards bei Wohn- und Gewerbeimmobilienkrediten an. (apa)

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von Patrick Baldia 1 Minute Lesezeit