Office EY-Unternehmensbefragung zu Homeoffice in Österreich

Vertrauen und Sicherheit spielen bei einer Verlegung des Arbeitsplatzes nach Hause eine große Rolle. Drei Viertel der Unternehmen (74 %) halten ihre aktuellen Schutzvorkehrungen für uneingeschränkt ausreichend, um Datensicherheit und Vertraulichkeit im Homeoffice zu gewährleisten. Weitere 13 Prozent halten sie für „eher ausreichend“.

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EY-Unternehmensbefragung zu Homeoffice in Österreich

69 Prozent der Unternehmen ermöglichten bereits vor dem ersten Lockdown in Einzelfällen oder grundsätzlich Remote Working, doch nur die Hälfte, 51 Prozent, hatte zu diesem Zeitpunkt die technischen Voraussetzungen für Homeoffice implementiert. Ein knappes Viertel (23 %) hat digitale Übergangslösungen, die Hälfte (48 %) (zusätzlich) nachhaltige Lösungen geschaffen. Die bisherige Resonanz ist gut: Überwiegend positive Auswirkungen von Homeoffice sehen die befragten Führungskräfte vor allem in Bezug auf Arbeitsergebnisse wie auch auf Employer Branding und Führungsverhalten. 

Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, für die von 25. November bis 15. Dezember 2020 insgesamt 252 Unternehmen ab 200 Mitarbeitern befragt wurden, die ihren Mitarbeitern grundsätzlich die Möglichkeit zu Homeoffice anbieten.

Homeoffice primär für Angestellte – nicht für Arbeiter – möglich

Mehr als jeder dritte Angestellte arbeitet derzeit von zuhause aus, aber nur rund jeder 15. Arbeiter. Derzeit befinden sich bei 96 Prozent der befragten Unternehmen Angestellte im Homeoffice, bei einem Viertel (26 %) sogar mehr als die Hälfte. Ganz anders stellt sich die Lage für Arbeiter da: Bei sieben von zehn Unternehmen arbeiten alle Arbeiter an ihrem Dienstort, lediglich drei Prozent haben mehr als die Hälfte ihrer Arbeiter im Homeoffice. 

Für die nähere Zukunft gibt es laut Einschätzung der Unternehmen für die Hälfte (47 %) der Angestellten Homeoffice-Möglichkeiten – dafür sehen sie nur für acht Prozent aller Arbeiter künftig ebenfalls Chancen, ihre Tätigkeit nach Hause zu verlagern. Vor allem Angestellte öffentlicher Institutionen (60 %) könnten problemlos aus dem Homeoffice arbeiten, das Schlusslicht bilden Arbeitnehmer aus dem Bereich Handel und Dienstleistungen (35 %). 

Diese Auffassung der Unternehmer bezüglich Homeoffice-Möglichkeiten spiegelt sich auch in realen Zahlen wider: In fast jedem dritten der befragten Unternehmen (30 %) befinden sich derzeit ein Großteil oder sogar alle Mitarbeiter im Homeoffice – an der Spitze Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes (50 %). Bei weiteren 32 Prozent der Betriebe sind aktuell Teile einzelner Abteilungen in Heimarbeit, bei wiederum 35 Prozent beschränkt sich Teleworking auf vereinzelte Mitarbeiter. Lediglich drei Prozent haben derzeit gar keine Mitarbeiter im Homeoffice, obwohl sie diese Möglichkeit anbieten.

Arbeitnehmer schöpfen Homeoffice-Kapazitäten weitgehend aus

Der Großteil der Arbeitnehmer mit Möglichkeit zu Homeoffice nimmt dieses auch gerne in Anspruch: Insgesamt gehen mehr als acht von zehn Arbeitnehmern (84 %) derzeit ihrer Tätigkeit in den eigenen vier Wänden nach. Im Bereich Arbeiter sind es sogar 88 Prozent. Maximal ausgeschöpft ist die Homeoffice-Option aktuell für Arbeiter in öffentlichen Institutionen, wo jeder, der in den eigenen vier Wänden arbeiten kann, das auch tut. Auch bei Angestellten werden die Homeoffice-Kapazitäten weitgehend genutzt: Hier arbeiten aktuell im Durchschnitt 79 Prozent aller Angestellten mit der Möglichkeit zu Homeoffice zuhause statt im Büro.

Die Zahlen sprechen für sich – Homeoffice ist mittlerweile definitiv nicht mehr die Ausnahme, viele haben es bereits fest in der Unternehmenskultur verankert – und diese Möglichkeit wird von Arbeitnehmern auch weitgehend angenommen. Zwei Drittel der befragten Unternehmen (69 %) ermöglichten bereits vor dem ersten Lockdown in Einzelfällen oder grundsätzlich Teleworking und freuen sich nun, dass ihr Digitalisierungstrieb viele Vorteile mit sich brachte und bringen wird. Auch in Zukunft sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zumeist einig, dass Homeoffice beibehalten werden soll, so Regina Karner, Leiterin People Advisory Services und Partnerin bei EY.

Überwiegend positive Auswirkungen sehen die befragten Führungskräfte vor allem in Bezug auf Arbeitsergebnisse und Employer Branding. Das Teamgefühl leidet eher unter den Auswirkungen vom Arbeiten auf Distanz. Fehlender sozialer Kontakt zur Kollegschaft wird dabei von jedem Zweiten (49 %) genannt, auch die Abstimmung innerhalb der Teams ist für 44 Prozent schwierig.

Die Sorge vor geringerer Produktivität hielt viele Unternehmen vorerst noch davon ab, auf Homeoffice umzusatteln, doch die Studie zeigt, dass diese Angst weitgehend unbegründet war, ergänzt Oliver Suchocki, Leiter HR-Consulting und Associate Partner im Bereich People Advisory Services bei EY.

Fast zwei Drittel der Führungskräfte (63 %) schätzen die Produktivität der Mitarbeiter im Homeoffice gleich hoch ein wie beim Arbeiten im Betrieb. 16 Prozent gehen sogar von gesteigerter Mitarbeiterproduktivität aus, 21 Prozent hingegen bewerten die produktive Leistung geringer.

Flexibilität bei Arbeitsbereichen und Rahmenbedingungen

Im Durchschnitt wünschen sich die Arbeitnehmer 1,9 Tage Homeoffice pro Woche – Arbeitgeber halten zwei Tage für sinnvoll. Am höchsten ist dieser Wunschwert im Bereich Handel und Dienstleistungen mit zwei Tagen pro Woche, am niedrigsten mit 1,4 Tagen bei öffentlichen Institutionen. Gut jede vierte Führungskraft (26 %) wünscht sich in Zukunft drei oder mehr Homeoffice-Tage pro Arbeitswoche. 

Die große Mehrheit (83 %) der Führungskräfte favorisiert, den Remote-Working-Anspruch unternehmensspezifisch festzulegen und lehnen einen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Homeoffice ab. Nur zwölf Prozent erachten einen solchen Rechtsanspruch als sinnvoll. Speziell Industriebetriebe (87 %) und Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern setzen auf individuelle Lösungen. 

Vier von zehn Führungskräften (40 %) halten die derzeitigen arbeitszeitrechtlichen Rahmenbedingungen (Höchstarbeitszeit, Überstunden, Ruhezeiten etc.) mit einer Homeoffice-Tätigkeit in Bezug auf den Großteil der Mitarbeiter für kompatibel, weitere 20 Prozent zumindest für einzelne Abteilungen. Nur zwei Prozent der Unternehmen sehen keine Kompatibilität der aktuellen arbeitszeitlichen Rahmenbedingungen mit einer Tätigkeit im Homeoffice. Jedoch halten Führungskräfte die Flexibilisierung der Arbeitszeiten im Homeoffice durchgehend für wichtig.

Nicht nur der Wunsch nach Homeoffice, sondern auch die Wichtigkeit hat sich in den letzten Monaten stark gesteigert. Was für viele zu Beginn des Jahres noch Wunschdenken war, ist nun oft selbstverständlich. Doch erst drei von zehn Unternehmen (29 %) haben das Thema Teleworking bereits in aktuellen Dienstverträgen geregelt, weitere 28 Prozent planen, dies in Zukunft zum Beispiel durch Zusätze zu tun – 43 Prozent sehen allerdings keinen Handlungsbedarf, so Suchocki weiter.

Gegenseitiges Vertrauen als Basis

Vertrauen und Sicherheit spielen bei einer Verlegung des Arbeitsplatzes nach Hause eine große Rolle. Drei Viertel der Unternehmen (74 %) halten ihre aktuellen Schutzvorkehrungen für uneingeschränkt ausreichend, um Datensicherheit und Vertraulichkeit im Homeoffice zu gewährleisten. Weitere 13 Prozent halten sie für „eher ausreichend“. Nur jedes 20. Unternehmen (5 %) bewertet die eigenen Schutzvorkehrungen als nicht ausreichend. Eine Evaluierung des Arbeitsplatzes in den eigenen Wänden der Arbeitnehmer kommt für drei von vier Führungskräften (76 %) nicht in Frage – nur acht Prozent der Unternehmen, die bereits Homeoffice anbieten, haben die Arbeitsplätze der Mitarbeiter im Homeoffice evaluiert, z. B. durch Vor-Ort-Besichtigungen oder Fotos. 16 Prozent der Unternehmen geben an, dies noch tun zu wollen. 

Die große Mehrheit der Führungskräfte (73 %) bietet ihren Mitarbeiten bereits mehrere Arbeitsbereichsoptionen, zum Beispiel offene Räume, Konferenzzimmer oder Ruhebereiche, an – vier Prozent möchten das künftig tun. Vor allem in der Industrie und bei größeren Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern gibt es mehrere Auswahlmöglichkeiten. Für ein knappes Viertel der Unternehmen ist auch weiterhin nur ein einziger Arbeitsbereich vorstellbar.

Unternehmen wollen sich künftig weniger an Homeoffice-Kosten beteiligen

Die große Mehrheit der Unternehmen – 85 Prozent – beteiligt sich nach eigenen Angaben an der Ausstattung des Homeoffices ihrer Mitarbeiter. Vor allem werden Arbeitsmittel in Form von Laptops oder Mobiltelefonen zur Verfügung gestellt (78 %). Fast jeder fünfte Betrieb (17 %) bietet zudem Büroausstattung (Bürosessel, Schreibtische usw.), knapp jeder zehnte (9 %) unterstützt durch anteilige Kosten bei Strom oder Telefonie. Am höchsten ist der Anteil der Unternehmen, die sich an der Ausstattung beteiligen, bei öffentlichen Institutionen (93 %), gefolgt von Handel und Dienstleistungen (87 %) sowie Industrie (85 %).

Nicht nur für viele Arbeitnehmer wird das Homeoffice zur Selbstverständlichkeit, auch die Arbeitgeber sehen die zu Hause geleistete Arbeit als neue Normalität an. Die Bereitschaft, Homeoffice außerordentlich zu entlohnen oder monetär zu fördern, sinkt aber dabei, analysiert Karner

Denn: In Zukunft wollen sich nur mehr 59 Prozent der Unternehmen an der Ausstattung beteiligen. Auch ein Wechsel in der Art der Unterstützung ist erkennbar – die Erstausstattung eines Büros oder Zurverfügungstellung von Arbeitsmittel nimmt künftig nur mehr 15 bzw. 11 Prozent ein, jedes sechste (17 %) Unternehmen würde sich in Zukunft an den Internetkosten im Homeoffice beteiligen. 

Wie hoch die Beteiligungskosten tatsächlich sind, kann die große Mehrheit der Unternehmen nicht sagen. Nur elf Prozent der befragten Führungskräfte von Unternehmen, die bereits Homeoffice anbieten, können einen Fixbetrag nennen, der pro Mitarbeiter als Kostenbeitrag für das Homeoffice in Zukunft gezahlt werden würde. Einen monatlichen Unterstützungsbetrag können 13 Prozent der Befragten angeben. Elf Prozent sagen aus, monatlich mit „bis zu EUR 100“ unterstützen zu wollen.

Recruiting in vollem Gange – trotz Lockdown

Gut vier von fünf (82 %) Unternehmen haben seit Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 Personal eingestellt – am höchsten ist der Anteil in der Industrie (89 %), am niedrigsten bei öffentlichen Institutionen (74 %). Größere Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern haben deutlich überdurchschnittlich häufig neues Personal eingestellt – zu 91 Prozent. 

Im Recruitingprozess hat sich in den letzten Monaten einiges verändert, denn die Mehrheit der Unternehmen (51 %) entschied sich für einen Mix und hat vermehrt virtuell, aber auch mittels persönlicher Interviews rekrutiert. 40 Prozent bevorzugten den traditionellen Weg des persönlichen Austausches. Nur neun Prozent der Betriebe setzte ausschließlich auf rein virtuelles Recruiting: Vor allem öffentliche Institutionen wählten ausschließlich Online-Bewerbungsprozesse (19 %). 

Die Digitalisierung zieht sich durch den gesamten Human Resources Bereich: 29 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass die Digitalisierung im HR-Bereich durch Corona sehr umfassend vorangetrieben worden ist, jedes zweite Unternehmen (48 %) sieht teilweise eine Schubwirkung durch die Pandemie.

In fast allen Unternehmensbereichen hat COVID-19 Veränderungen angestoßen, viele Führungskräfte wurden aus einer Starre gelockt und mussten sich neuen Themen wie Homeoffice oder virtueller Rekrutierung stellen. Eine große Challenge wartet allerdings noch – die Transformierung in das Post-Corona-Zeitalter. Entscheider müssen genau überlegen, welche Neuerungen sie mitnehmen und in welchen Bereichen sie alten Mustern sinnvollerweise treu bleiben verfallen, schließt Suchocki.

Quelle: EY

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