ImmoVision 2022 Gerhild Bensch-König

Wir fragen, Experten antworten - die Serie zum Jahresbeginn

"Die Preissteigerungen der letzten Jahre waren vor allem durch die steigenden Preise für Grundstücke und Baukosten bedingt. Nun kommt mit ESG sowie dem Thema nachhaltiges Bauen und Investieren ein zusätzlicher Preistreiber hinzu."

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Gerhild Bensch-König

 Wie optimistisch bzw. wie pessimistisch gehen Sie in das neue Jahr? Welche Assetklasse wird Investors Liebling?

Ich bin nach wie vor optimistisch, denn die Nachfrage nach Wohnraum ist immer noch hoch. Das ist in vielerlei Hinsicht auch der Pandemie geschuldet, die den Wunsch nach räumlicher Veränderung bei vielen Menschen verstärkt hat. Viele sind nun auch bereit, sich außerhalb der großen Städte einen Wohntraum im Grünen zu realisieren, denn mit dem vermehrten Einsatz von Homeoffice hat das Pendeln seinen Schrecken verloren. 

 Außerdem hat die Pandemie den Wunsch nach Sicherheit verstärkt und das nicht nur bei Privaten, sondern auch bei Investoren, für die der Wohnbau weiterhin – sicherlich auch aus Mangel an Alternativen – attraktiv bleibt. Aktuell sind zu wenige gewerbliche Objekte am Markt, gerade bei Logistikzentren und Büros wäre die Nachfrage gegeben, währenddessen der Retail-Bereich, mit Ausnahme von Lebensmittelnahversorgern, schwächelt. Sicherlich auch direkte Auswirkungen der Pandemie. 

Die Preisentwicklung von Immobilien-Investments kannten über viele Jahre nur eine Richtung: Aufwärts. Was bedeuten ESG und COVID-19 für die Immobilienbewertung?

Die Preissteigerungen der letzten Jahre waren vor allem durch die steigenden Preise für Grundstücke und Baukosten bedingt. Nun kommt mit ESG sowie dem Thema nachhaltiges Bauen und Investieren ein zusätzlicher Preistreiber hinzu.

ESG wirkt sich bereits in der Immobilienfinanzierung aus, gerade für institutionelle Investoren und insbesondere für Fonds ist die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien und somit die Zertifizierung von Gebäuden wesentlich. Auch private Investoren und Wohnungskäufer achten immer mehr darauf und sind durchaus bereit, einen höheren Preis dafür zu bezahlen, denn nachhaltige Bauweisen sind auch mit höheren Kosten verbunden.

Covid-19 hat die Nutzung aller Immobilien – vom privaten Wohnbereich über den Büroarbeitsplatz und gewerbliche Immobilien aller Art bis hin zu den Immobilien der öffentlichen Hand – teils stark beeinflusst bzw. verändert.  Das Marktumfeld für gewisse Immobilien ist durch Covid-19 bestimmt unsicherer als vor der Pandemie. Man denke beispielsweise an die heimische Stadthotellerie, die nun den zweiten Winter in Folge mit enormen Umsatzeinbußen zu kämpfen hat.

Werden Umwelt- und Pandemie-Risiken in Form höherer Risikoprämien stärker eingepreist werden? Rechnen Sie mit steigenden Zinsen?

Ob auch noch höhere Risikoprämien eingepreist werden können, wird der Markt regeln. Über alle Assetklassen sehe ich das nicht. In diesem Jahr rechne ich, trotz der sehr hohen Inflation, nicht mit steigenden Zinsen. Aber nachdem sich hier auch die Experten der internationalen Notenbanken uneinig sind, wird man sehen, was das Jahr 2022 bringt.

Welche drei Themen werden die Immobilienwirtschaft 2022 am stärksten beeinflussen? Wo sehen Sie die zentralen Herausforderungen? Was wären mögliche Lösungsansätze?

Nachhaltigkeit und ESG sind die Themen der Zeit. Damit zusammenhängend müssen wir uns in Zukunft verstärkt mit der Sanierung bzw. der Konvertierung von Bestandsimmobilien auseinandersetzen. Über allem steht die Ressourcenschonung – sowohl im Bau als auch im Betrieb – effiziente Nutzung von Energie usw.

Auch hier sehen wir den Einfluss der Pandemie, denn die Nutzung von Büroflächen wird sich verändern. Unternehmen überdenken ihre Flächenstrategien, Homeoffice und Remote Work werden die Arbeitsweise langfristig verändern und sich direkt auf den Immobilienmarkt auswirken.

Ein weiteres, gerade für die Städte wichtiges Thema, das bleibt, ist die Verdichtung. Das könnte die Liegenschaftsakquisition etwas erleichtern und dazu beitragen, dass weniger zusätzliche Flächen verbaut werden.

Ihre Pläne und Ziele für Ihr Unternehmen 2022? 

Mit unserem gesamten Team von Raiffeisen WohnBau werden wir alles geben, um auch weiterhin gut durch diese unterwartet lange Krise zu kommen.

Uns ist es ein Anliegen, dass unsere hochwertigen Wohnbauten Rückzugsorte für unsere Bewohnerinnen und Bewohner sind, die Platz für die unterschiedlichen Lebensentwürfe – von Singles über Paare bis hin zu Familien mit Kindern – bieten. Darüber hinaus entwickeln wir immer mehr Projekte außerhalb von Wien, die dank einer guten öffentlichen Verbindung  und den exklusiven Grünruhelagen gerade auch jungen Familien völlig neue Perspektiven bieten.

Bei unserem sehr diversen Gewerbeportfolio im In- und Ausland ist uns eine optimale und doch partnerschaftliche Bewirtschaftung sehr wichtig. Letztlich ist der wirtschaftliche Erfolg einer Bestandsimmobilie auch die Voraussetzung, um diese zum richtigen Zeitpunkt gewinnbringend veräußern zu können.

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